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Foto RAVI SHARMA/UNSPLASH

Wie entscheiden private Plattformen darüber, was online gesagt werden darf? Ein neu gestartetes Observatorium mit internationaler Kooperation soll diese Mechanismen erforschen.

13.01.2021 · Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Raumwissenschaften · Leibniz-Institut für Medienforschung │ Hans-Bredow-Institut · News · Projekte

Um zu erforschen, wie private Online-Kommunikationsplattformen darüber entscheiden, was öffentlich kommuniziert werden darf, richtet das Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut ein Observatorium zur Beobachtung privater Rechtssetzung (Private Ordering Observatory) ein. In Kooperation mit Forscher*innen aus aller Welt wird das Observatorium die Normen und Praktiken privater Online-Plattformen untersuchen. 

Private Online-Kommunikationsplattformen bestimmen, ob Präsidenten mit Millionen von Anhängern kommunizieren können – oder ob ihre Konten gesperrt werden, ob Corona-Desinformationen gelöscht oder Verschwörungstheoretiker*innen gepusht werden. Die privaten Regeln, nach denen sie entscheiden, werden seit Langem von den Medienforscher*innen am HBI beobachtet. Nun sollen diese Forschungen verstärkt und mit Ergebnissen anderer Forscher*innen zusammengeführt werden. Formen privater Ordnungsbildung generell, nicht nur auf Plattformen, sollen auf ihre Wirkungen auf öffentliche Kommunikation hin analysiert werden.

"Das Observatorium", so Wolfgang Schulz, Direktor des HBI, "wird Expertise und Analysen für politische Entscheidungsträger*innen, Praktiker*innen  und die Öffentlichkeit bereitstellen." Dies ist von großer Bedeutung, erklärt Matthias C. Kettemann, Forschungsleiter am HBI , "weil das Observatorium einen Überblick über ein regulatorisches Feld bieten kann, das sich derzeit rasch verändert und auf dem die Regierungen in jüngster Zeit verstärkt aktiv geworden sind, etwa mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz in Deutschland und dem Digital Services Act der EU."

Das Observatorium wird auf der am HBI entwickelten Expertise aufbauen und mit dem vom Humboldt-Institut für Internet und Gesellschaft betriebenen Platform Governance Archive kooperieren. Das nun gestartete Projekt wird auch die Bedarfe in Wissenschaft und Politik erforschen und erarbeiten, wie ein nachhaltiges Observatorium aussehen sollte.

Fragen, die die Online-Governance betreffen, gibt es mit Beginn des Jahres 2021 in der Tat zuhauf: Können Twitter und Facebook einen US-Präsidenten verbieten? Kann Apple beschließen, Parler, ein konservatives soziales Netzwerk, aus seinem App-Store zu entfernen, weil es keine strengere Anti-Hate-Speech-Policy eingeführt hat? David Morar, Data Policy Postdoctoral Fellow an der NYU Steinhardt School und Fellow am HBI sowie Projektleiter des Observatoriums, bekräftigt daher: "Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt, um das Observatorium zu starten".

Weitere Informationen und Kontakt

leibniz-hbi.de