Leibniz-Einrichtungen in Halle, Bremen, Göttingen und Berlin evaluiert
Die Förderung von vier Leibniz-Einrichtungen soll fortgeführt werden. Das hat der Senat der Leibniz-Gemeinschaft nach Abschluss der regelmäßigen wissenschaftlichen Evaluierung beschlossen. Eine erneute Überprüfung der Fördervoraussetzungen soll bei allen vier Einrichtungen nach dem Regelturnus von sieben Jahren erfolgen.
18.03.2021 · Leibniz-Gemeinschaft - Evaluierung · Pressemeldung
Folgende Leibniz-Einrichtungen wurden evaluiert:
- Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie, Halle (IPB)
- Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung GmbH, Bremen (ZMT)
- Deutsches Primatenzentrum GmbH – Leibniz-Institut für Primatenforschung, Göttingen (DPZ)
- Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung im Forschungsverbund Berlin e. V. (IZW)
Zu den Stellungnahmen des Senats der Leibniz-Gemeinschaft im Einzelnen:
1. Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie, Halle (IPB)
Das Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie (IPB) in Halle erforscht die strukturelle Vielfalt und Biosynthese sowie die biologischen Funktionen und Wirkmechanismen von pflanzlichen und pilzlichen Naturstoffen. Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft hebt in seiner heute veröffentlichten Stellungnahme hervor, dass das Institut Methoden und Kenntnisse von grundlagenorientierter molekularer Pflanzenbiologie und anwendungsorientierter Natur- und Wirkstoffchemie zusammenführe. Die interdisziplinäre Arbeit ziele auf eine ressourcenschonende Pflanzenproduktion sowie die Entwicklung von innovativen Biotechnologien und Wirkstoffen ab. Angesichts der gravierenden Rückwirkungen des Klimawandels auf die Bewirtschaftung von Pflanzen seien die Arbeiten von hoher Relevanz.
Das IPB habe sich seit der vergangenen Evaluierung sehr erfolgreich weiterentwickelt. Die Leistungen in den vier Abteilungen mit ihren 20 Forschungsgruppen, den Nachwuchsgruppen und Service-Einheiten seien größtenteils äußerst überzeugend. Der Trend, in hochrangigen Zeitschriften zu publizieren und verstärkt Drittmittel für Forschungsvorhaben einzuwerben, solle in den kommenden Jahren weiter verstärkt werden. Der Senat begrüßt die Planungen des IPB, die Zusammenarbeit von Biologie und Chemie in gemeinsamen Projekten weiter voranzutreiben. Um dies optimal umsetzen zu können, plane das IPB seine technologischen und informationswissenschaftlichen Infrastrukturen zu bündeln und auszubauen.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler würden während ihrer Qualifizierungsphasen am IPB sehr gut betreut. So habe sich das Instrument der zeitlich befristeten, unabhängigen Nachwuchsgruppen sehr bewährt. Die Betreuung von Promovierenden sei ebenfalls gut strukturiert, allerdings müsse die durchschnittliche Promotionsdauer von 5,6 Jahren verkürzt werden. Die positive Entwicklung bei der Beschäftigung von Wissenschaftlerinnen mit leitenden Tätigkeiten solle fortgesetzt werden.
Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft empfiehlt Bund und Ländern, die gemeinsame Förderung des IPB fortzusetzen.
2. Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung GmbH, Bremen (ZMT)
Das Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) in Bremen erforsche die Funktionsweisen tropischer und subtropischer Küstenökosysteme, so erläutert der Senat der Leibniz-Gemeinschaft in seiner heute veröffentlichten Stellungnahme. In diesen Lebensräumen untersuche das ZMT das Zusammenspiel natürlicher und anthropogener Prozesse und verbinde dabei experimentelle Forschung mit theoretischer Modellierung. Die enge Verbindung von Natur- und Sozialwissenschaften sei für den Erfolg des Instituts sehr wichtig, so der Senat weiter. Im Anschluss an bestehende Initiativen, etwa zum Aufbau eines disziplinübergreifenden Datenportals, solle die methoden- und fächerübergreifende Zusammenarbeit weiter intensiviert werden.
Die Arbeiten des ZMT seien für das Umweltmanagement in tropischen Küstenregionen von hoher Relevanz. Der Senat hebt hervor, dass sich das Institut um den Transfer seiner Erkenntnisse in den Partnerländern verdient mache. Mit der ZMT Akademie trage es viel zum Aufbau von Kompetenzen innerhalb und außerhalb der Wissenschaft bei.
Der komplexe fachübergreifende Anspruch des ZMT und die inzwischen erreichte Größe des Instituts würden eine Weiterentwicklung der Leitungsstrukturen erfordern, so der Senat. Leitung und Gremien des Instituts hätten dies erkannt und Veränderungen eingeleitet. Diese müssten nun zügig umgesetzt werden, denn derzeit seien am ZMT wichtige Leitungspositionen, die wissenschaftliche Institutsleitung eingeschlossen, neu zu besetzen. Der Senat ermutigt die neue Leitung, die Profilierung des Instituts weiter voranzutreiben und bittet sie, bis Ende 2022 über die Planungen und bereits eingeleiteten Maßnahmen zu berichten.
Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft empfiehlt Bund und Ländern, die gemeinsame Förderung des ZMT fortzusetzen.
3. Deutsches Primatenzentrum GmbH – Leibniz-Institut für Primatenforschung, Göttingen (DPZ)
Das Deutsche Primatenzentrum – Leibniz-Institut für Primatenforschung (DPZ) in Göttingen sei eine international hoch anerkannte Einrichtung, so der Senat der Leibniz-Gemeinschaft in seiner heute veröffentlichten Stellungnahme. Das Institut halte und züchte nicht-humane Primaten in Göttingen und betreibe Freilandstationen in den Tropen. Auf der Grundlage dieser und weiterer wichtiger Forschungsinfrastrukturen führe das DPZ sehr bedeutende primatenbezogene Forschungsarbeiten durch und sei außerdem in vielfältiger Weise im Wissenstransfer aktiv.
Der Senat hebt hervor, dass die Leistungen des DPZ bereits bei den vergangenen Evaluierungen ausgesprochen positiv bewertet worden seien. Auch in den vergangenen Jahren habe sich die Leibniz-Einrichtung überzeugend weiterentwickelt und hohe Leistungen erbracht. Die Arbeiten reichten von der Impfstoffentwicklung gegen Infektionen über die Untersuchung von Kognitionsmechanismen bis hin zur Langzeitbeobachtung des Verhaltens von Primaten.
Die wissenschaftlichen Dienstleistungen des DPZ würden international stark nachgefragt. Der Senat betont, wie gut die Entwicklung der Haltung und Zucht von Primaten an neue wissenschaftliche Fragestellungen gekoppelt sei. Dies sei insbesondere mit Blick auf die hohe ethische Verantwortung äußerst wichtig. Das DPZ trage in einzigartiger Weise dazu bei, die Notwendigkeit der Forschungsarbeit mit nicht-humanen Primaten gegenüber der Gesellschaft zu vermitteln.
Der Senat weist auf die positive Entwicklung der Drittmittel-Förderungen hin und hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass auch zur Erforschung des SARS-Coronavirus-2 bereits Mittel eingeworben worden seien. Auch über personelle Wechsel in Leitungsfunktionen hinweg werde das Profil in der Infektionsforschung in den nächsten Jahren gesichert und geschärft. Außerdem gehe das DPZ mit einer geplanten Modernisierung des Forschungsdatenmanagements eine weitere strategisch bedeutende Aufgabe an.
Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft empfiehlt Bund und Ländern, die gemeinsame Förderung des DPZ fortzuführen.
4. Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung im Forschungsverbund Berlin e. V. (IZW)
Das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) im Forschungsverbund Berlin e. V. untersucht die Lebensbedingungen, evolutionsbiologischen Anpassungen und Erkrankungen von Wildtierarten sowie die Interaktion von Wildtieren mit der Umwelt und dem Menschen. In seiner heute veröffentlichten Stellungnahme hebt der Senat der Leibniz-Gemeinschaft hervor, dass die Arbeiten sowohl auf grundlagenwissenschaftliche Erkenntnisse als auch die Entwicklung von Maßnahmen zum Schutz und Erhalt von Populationen zielten. Dies sei wichtig, weil Wildtierarten vor allem angesichts des Klimawandels unter einem zunehmenden Anpassungsdruck stünden.
Der Leibniz-Senat betont die sehr guten Leistungen in der Forschung, die ausgezeichneten Infrastruktur- und Dienstleistungen z. B. für Zoos und das große Engagement des IZW im Wissenstransfer. Besondere Bedeutung komme den Langzeitprojekten zur Beobachtung von Anpassungsprozessen von Wildtierarten zu, die das Institut vor allem im globalen Süden durchführe. Für die kommenden Jahre gebe es methodisch ambitionierte Planungen für Projekte, deren Umsetzung nun im Rahmen der abteilungsübergreifenden Programmbereiche gut abgestimmt werden müsse.
Das IZW habe sich strategisch in den vergangenen Jahren sehr gut weiterentwickelt und die Kooperation mit den benachbarten Universitäten in Berlin und Potsdam vor allem über gemeinsame Berufungen vertieft. Der Leibniz-Senat sieht es allerdings äußerst kritisch, dass das Institut seit einiger Zeit Positionen für den wissenschaftlichen und nicht-wissenschaftlichen Nachwuchs aus dem Institutshaushalt reduziert habe und Neueinstellungen derzeit ausschließlich über Drittmittel finanziere. In dieser Hinsicht wird eine Änderung erwartet, um das hohe Potential des IZW in der Nachwuchsförderung wieder vollständig auszuschöpfen.
Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft empfiehlt Bund und Ländern, die gemeinsame Förderung des IZW fortzusetzen.
Die einzelnen Senatsstellungnahmen finden Sie im Wortlaut auch auf den Internetseiten der Leibniz-Gemeinschaft unter www.leibniz-gemeinschaft.de/ueber-uns/evaluierung/
Hintergrund
Jede Leibniz-Einrichtung wird regelmäßig extern evaluiert, spätestens alle sieben Jahre. International ausgewiesene Sachverständige bewerten die Leistungen und Strukturen jeder Einrichtung.
Grundlage für die Bewertung ist eine schriftliche Unterlage der Einrichtung, außerdem im Regelfall ein Evaluierungsbesuch am Institut. Soweit derzeit pandemiebedingt Evaluierungsbesuche entfallen müssen, erfolgt die Bewertung über ein Ersatzverfahren mit digitalen Sitzungen und schriftlichen Einschätzungen.
Die Ergebnisse der Begutachtung werden in einem Bewertungsbericht festgehalten, zu dem das bewertete Institut Stellung nehmen kann. Auf dieser Grundlage verabschiedet der Senat der Leibniz-Gemeinschaft eine wissenschaftspolitische Stellungnahme, die in der Regel Empfehlungen zur weiteren Förderung der Leibniz-Einrichtung enthält.
Diese Senatsstellungnahme dient der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern (GWK) zur Überprüfung der Fördervoraussetzungen. Zusammen mit den Anlagen A (Darstellung der wesentlichen Inhalte und Strukturen der Einrichtung), B (Bewertungsbericht) und C (Stellungnahme der Einrichtung zum Bewertungsbericht) werden die Senatsstellungnahmen auf der Internet-Seite der Leibniz-Gemeinschaft veröffentlicht. Alle an der Bewertung und Beurteilung beteiligten Gremien sind ausschließlich mit Personen besetzt, die nicht an Leibniz-Einrichtungen tätig sind.