Baden, nicht schaden
Eingecremt in den See springen, ist das eine gute Idee? Und darf man eigentlich ins Wasser pinkeln? Sieben Tipps aus der Forschung – für einen naturverträglichen Tag am Badesee.
07/05/2024 · News · Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei · Umweltwissenschaften · Forschungsergebnis
Das Wetter ist schön, also raus an den Badesee, zum Paddeln an den Fluss oder mit der Picknickdecke auf eine Wiese ans Ufer! Doch während der Mensch entspannt, kann die Natur durch das Freizeitvergnügen gestört oder geschädigt werden. Das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) hat Do‘s and Dont‘s für ungetrübten Wasserspaß zusammengestellt – auch solche, die nicht ganz offensichtlich sind. Selbstverständlichkeiten wie das Mitnehmen von Müll haben wir hier nicht aufgelistet, aber hoffentlich Informatives, das noch nicht allen bekannt war.
Sonnencreme und Mückenschutz können schädlich für Lebewesen im Wasser sein
Die Gesundheit geht vor, deshalb ist das Eincremen bei Sonnenschein natürlich ratsam. Aber auf jeden Fall gut einziehen lassen. Denn Sonnencremes enthalten chemisch-organische UV-Filter. Einer davon ist Octocrylen. Sonnenschutzmittel mit diesem Stoff sollte man womöglich besser meiden. Professor Werner Kloas, der am IGB die Wirkung von Umweltchemikalien auf Amphibien und Fische erforscht, sieht für Octocrylen noch Klärungsbedarf, auch bezüglich der Entwicklung fundierter Leitlinien für die Wasserqualität: „Studien an Ratten haben gezeigt, dass diese Substanz die Bildung von Schilddrüsenhormonen mindert, diese sind wichtig für Wachstum und Entwicklung. Andere Untersuchungen lieferten Hinweise darauf, dass Octocrylen in Gewässern Lebewesen wie Wasserflöhen, Wimpertierchen oder Fischen schaden kann. Es ist zu erwarten, dass gerade bei Amphibienlarven, die besonders sensibel bei Störungen des Hormonhaushalts der Schilddrüse reagieren, ebenfalls Schädigungen möglich sind. Im Meer schadet es den Korallen.“
Auch Mückenschutzmittel, so genannte Repellentien, sind nicht unbedenklich. Der in diesen Mitteln besonders häufig enthaltene Stoff Icaridin wirkt beispielsweise schädlich auf sich entwickelnde Amphibien wie Lurchlarven.
Zigarettenkippen: Natürlich nicht direkt ins Wasser, aber bitte auch nicht in den Gully oder ans Ufer schnippen
Nikotin ist hochgiftig, nicht nur für uns Menschen, sondern für alle Lebewesen, auch für die im Wasser. Und Zigaretten enthalten noch weitere Schadstoffe. Deshalb gehören Zigarettenkippen natürlich nicht in den See oder Fluss. Aber auch am Ufer weggeworfen oder in den Gully geschnippt, können sie im Gewässer Schaden anrichten: Nikotin ist sehr gut wasserlöslich und bei Regen ist bereits nach 30 Minuten etwa die Hälfte des Nikotins aus der Kippe gelöst. Das Team von IGB-Forscher Dr. Markus Venohr hat 2019 die Nikotinkonzentration in verschiedenen Berliner Gewässern gemessen. „Nach Regenfällen stieg die Nikotinkonzentration in fast allen untersuchten Gewässern deutlich an, am stärksten in den Kanälen mit Anschluss an die Kanalisation, dort im Durchschnitt um das 16-fache. Aber auch im Sommer bei Trockenheit in Badeseen wie der Krummen Lanke waren die Nikotinwerte hoch.“
Jetzt wird‘s kurz privat: Ins Wasser pinkeln:
Keine Sorge, wir werden gleich wieder das Thema wechseln, aber wir wollten das noch mal klären: Ins Wasser pinkeln ist wirklich nicht schön, aber in den größeren Gewässern schadet es der Umwelt nicht. Dafür werden die Nährstoffe im Urin zu stark verdünnt. Anders verhält es sich mit dem Urin von Kühen und Schweinen, der als konzentrierter Dünger von Feldern in die Gewässer gespült wird. Die darin enthaltenen Stickstoff- und Phosphorverbindungen fördern das Algenwachstum und sind eines der größten Probleme für die Wasserqualität von Seen. Allerdings kann Urin für kleinere Gewässer eine zusätzliche Belastung sein, die sich doch vermeiden lässt, oder?
Boot fahren: Schont das Schilf!
Boote ohne Motor dürfen auch außerhalb der Fahrrinne fahren. Dabei sollte dennoch Abstand zum Schilfgürtel gehalten werden, da sich Wasservögel dorthin zurückziehen und das Schilf seit den 1950er Jahren in vielen europäischen Seen zurückgeht. Eine Studie des IGB und der Humboldt-Universität zu Berlin hat gezeigt, dass mechanischer Stress durch Wellenschlag der Schifffahrt, Uferverbauungen, Fraßschäden durch Wasserratten und Nutrias, aber auch Schadstoffe wie Sulfat dafür verantwortlich sind. Also bitte keine zusätzlichen Schäden verursachen.
Schwebende Unterwasser-Soundmaschinen:
Es ist ein faszinierender Anblick, wie die eFoils Menschen auf dem Wasser schweben lassen. Noch dazu ist dieses elektrisch betriebene Surfbrett mit großer Finne an der Unterseite flüsterleise – zumindest oberhalb der Wasseroberfläche. Unter Wasser macht das neue Freizeitvergnügen jedoch mächtig Lärm. Die Wissenschaftlerin und Klangkünstlerin Francisca Rocha Goncalves hat in Zusammenarbeit mit dem IGB die Geräuschkulisse im Berliner Müggelsee mit Unterwassermikrofonen aufgenommen: „Die eFoils bringen eine weniger häufige Frequenz in die allgemeine Geräuschkulisse unter Wasser ein. Sie ist höher als die von Motorbooten, so zwischen sieben und neun Kilohertz“, sagt sie. Die Folgen für Fische und Co. sind allerdings noch nicht erforscht, dafür ist die Technik zu neu. Auch Flyboards fallen in die Kategorie Unterwasser-Soundmaschine. Hier daher nur ein Denkanstoß, mal über den menschlichen Wahrnehmungshorizont hinaus zu blicken bzw. zu horchen.
Enten und Fische nicht füttern
Brot gehört nicht ins Wasser. Zum einen ist es für Wasservögel ungesund, weil es viel Salz enthält oder auch verschimmelt sein kann. Zum anderen belastet es die im Sommer ohnehin strapazierten Gewässer mit zusätzlichen Nährstoffen, die wiederum das Algenwachstum fördern. Auch aus diesen Gründen ist das Füttern von Wasservögeln in vielen Städten wie Berlin verboten.
Baden nur an ausgewiesenen Badestellen: Selbstschutz trifft Naturschutz
Die DLRG empfiehlt, aus Sicherheitsgründen nur an offiziellen Badestellen zu baden. Dem können wir uns nur anschließen. Denn dort bemüht man sich neben der Sicherheit für die Badenden auch um ein Gleichgewicht zwischen menschlicher Nutzung und Naturschutz: Müll wird regelmäßig entfernt, Schutzzonen werden ausgewiesen oder abgesperrt und so weiter. Außerhalb dieser Badestellen ist jede Nutzung von Ufern und Gewässern mit möglichen Schäden an Uferstrukturen und Pflanzen in diesem sensiblen Bereich und mit Störungen von Tieren verbunden.
Weitere Informationen und Kontakt
Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)