Veggie als Standard

Geometrisches Muster aus Tomaten
Foto PAWEL CZERWINSKI/UNSPLASH

Verhaltensökonomie bietet sanfte Mittel, um den Fleischkonsum zu reduzieren – ohne Verbote. Kantinen könnten dabei Vorreiter sein.

02/22/2023 · HP-Topnews · RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung · Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Raumwissenschaften · Forschungsergebnis

Ein hoher Fleischkonsum ist ungesund. Zudem ist die Viehwirtschaft für einen erheblichen Teil der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Eine RWI-Studie zeigt: Verhaltensökonomische Maßnahmen können dazu beitragen, den Fleischkonsum zu reduzieren, ohne Verbote oder zusätzliche Steuern einzuführen. Erscheinen pflanzenbasierte Gerichte in Restaurants oder Kantinen als Standardauswahl, entscheiden sich Gäste sehr viel häufiger für diese Option.

Warum sollte der Fleischkonsum gesenkt werden?

Laut Berechnungen der Welternährungsorganisation FAO ist allein die Viehwirtschaft für knapp 15 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Die Hauptgründe dafür liegen in der Futtermittelproduktion und der damit verbundenen Abholzung von Wäldern sowie im Methanausstoß von Kühen. Studien zufolge machen allein die Treibhausgase aus dem globalen Lebensmittelsystem die Einhaltung der Pariser Klimaziele unmöglich – selbst wenn der Verbrauch fossiler Brennstoffe sofort gestoppt würde. Zudem zeigen zahlreiche Untersuchungen, dass insbesondere der Verzehr von zu viel rotem Fleisch ein Gesundheitsrisiko darstellt.

Wie kann der Fleischkonsum reduziert werden?

Verbote oder Steuererhöhungen verringern die Entscheidungsmöglichkeiten der Bevölkerung und sind politisch häufig schwer durchsetzbar. Die Verhaltensökonomie bietet mildere Mittel, um erste Schritte zur Reduzierung des Fleischkonsums zu gehen. Öffentliche Einrichtungen oder private Akteure können zum Beispiel vegetarische Gerichte auf Speisekarten in Kantinen und Restaurants priorisieren. Dabei wird die pflanzenbasierte

Option als Standard angeboten, von der Kundinnen und Kunden aber abweichen können, wenn sie ein Fleischgericht wählen möchten. Zudem kann die Reihenfolge der präsentierten Gerichte oder die Fleischmenge pro Portion angepasst werden.

Sind verhaltensökonomische Interventionen ein effektives Instrument?

Die Veränderung sogenannter Standardeinstellungen („Defaults“) von der fleisch- zur pflanzenbasierten Option ist häufig sehr effektiv. Das ist das Ergebnis einer Metastudie unter Mitwirkung von RWI-Wissenschaftler Mark A. Andor, die in der Fachzeitschrift Food Policy erschienen ist. Die Auswertung umfasst zwölf empirische Studien. Sie zeigt, dass durch die Veränderung des Defaults der Fleischkonsum signifikant reduziert werden kann. Wie effektiv die Maßnahme am Ende ist, hängt insbesondere davon ab, wie aufwändig es ist, von der als Standard präsentierten Option abzuweichen. Die Verhaltensforschung zeigt, dass Menschen nicht nur zur Bequemlichkeit neigen, sondern auch dazu, sich sozial anzupassen. So ist auch der Standard für das „richtige“ Verhältnis aus Fleisch und pflanzlichen Zutaten nicht naturgegeben, sondern folgt gesellschaftlichen Konventionen.

Weitere Informationen und Kontakt

RWI IPMPACT NOTE: Mit Verhaltensökonomie den Fleischkonsum senken (PDF)