Gut leben in Deutschland
Was gehört für die Deutschen zu einem minimalen Lebensstandard? Eine Studie untersucht, was sie als „notwendig“, „wünschenswert“ oder „verzichtbar“ einstufen.
03/27/2018 · News · GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften · Forschungsergebnis · Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Raumwissenschaften
Unter dem Leitsatz „Ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben“ warb die CDU bei der Bundestagswahl 2017 um Wählerstimmen. Doch was gehört für die Deutschen zu einem guten Leben dazu? GESIS hat nachgeforscht.
In Deutschland ist die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums durch das Bundesverfassungsgericht als Grundrecht festgeschrieben. Was zu diesem minimalen Lebensstandard, der auch als soziokulturelles Existenzminimum bezeichnet wird, dazugehört, ist normativ geprägt. Zur Identifikation entsprechender Erwartungen in der Bevölkerung wurden in der Panelbefragung „Arbeitsmarkt und Soziale Sicherung“ (PASS) von 2006/07 sowie in der 17. und 19. Welle des GESIS Panels von 2016 nach den Einstellungen der deutschen Bevölkerung zum soziokulturellen Existenzminimum gefragt. Ergebnisse auf Basis dieser Befragungen wurden aktuell im Informationsdienst Soziale Indikatoren ISI 59 publiziert.
Die Befragten des GESIS Panels sollten insgesamt 28 Aktivitäten und Güter angeben, die ihrer Ansicht nach für den Lebensstandard eines deutschen Haushalts „unbedingt notwendig“, „wünschenswert“ oder „verzichtbar“ sind. Die Merkmale decken verschiedene Bereiche des täglichen Lebens ab: Finanzen, Wohnungsausstattung, Freizeitaktivitäten, Sozialkontakte und gesundheitliche Fürsorge. Ergänzend wurden Informationen zur individuellen Verfügbarkeit dieser Merkmale, zum Bezug von Arbeitslosengeld II sowie eine summarische Einschätzung des eigenen Lebensstandards erhoben.
Über einen kurzen Zeitraum betrachtet (innerhalb der beiden GESIS-Panel-Wellen 2016) konnten die Forschenden kaum Veränderungen in der Einschätzung der Befragten zum minimalen Lebensstandard verzeichnen. Unterschiede zeigen sich bei der warmen Mahlzeit am Tag und der Heizung, die in der 17. Welle als notwendiger angesehen wurden. Leicht an Relevanz gewinnen in der 19. Welle Garten/Balkon/Terrasse, der PC mit Internetanschluss sowie das Auto.
Für die langfristigen Veränderungen wurden die Daten aus der PASS 2006/7 mit denen aus der 17. Welle des GESIS Panels 2016 verglichen. Grundsätzlich verändert sich die Einschätzung der Befragten in dem zehnjährigen Zeitraum nur leicht. Allerdings rutschen Merkmale wie der Fernseher und das Bezahlen der Miete zugunsten von Computer, Internetanschluss und Merkmalen, die die gesundheitliche Vorsorge betreffen, in der Rangfolge nach unten. Erklärungen für die beobachteten Unterschiede können zum einen im technischen Wandel, zum anderen in der positiven wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland liegen. Merkmale wie Freizeitaktivitäten sind von solchen Faktoren weniger betroffen als andere.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass Unterschiede zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu finden sind. Davon betroffen ist vor allem die Betrachtung nach Alter, weniger nach Bildungsniveau und vereinzelt auch nach Einkommen. Kaum nennenswerte Unterscheide treten zwischen Männern und Frauen auf. Die identifizierten Unterschiede lassen sich überwiegend durch lebenslaufspezifische und sozioökonomische Lebensbedingungen erklären, wie z. B. eine höhere Bedeutung des Fernsehers und des Abonnements für Personen im Rentenalter oder von neuer Kleidung und einer Wohnung mit ausreichend Zimmern für Sozialhilfeempfänger.
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Sophie Zervos
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