Mit Wurzelbildung gegen Stickstoffmangel

Die landwirtschaftliche Pflanzenproduktion muss künftig mit weniger Stickstoffdüngung auskommen. Ein nun entdecktes Regulationsmodell könnte Pflanzen helfen, sich den neuen Anforderungen anzupassen.

09/29/2021 · News · Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung · Lebenswissenschaften · Fachgebiet · Forschungsergebnis

Die landwirtschaftliche Pflanzenproduktion muss künftig mit weniger Stickstoffdüngung auskommen. Ziel muss es deshalb sein, die Stickstoff-Nutzungseffizienz zu erhöhen, damit das Ertragsniveau stabil gehalten werden kann. Auf leichten Stickstoffmangel reagieren Pflanzen mit einer Verlängerung ihrer Seitenwurzeln. So erschließen sie umfangreichere Bodenbereiche, und es kann mehr Stickstoff als zuvor aufgenommen werden. Forscher des IPK Leibniz-Institut haben jetzt ein hormonelles Regulationsmodul entdeckt, das die molekularen Prozesse dieser Anpassungsreaktion vermittelt. Eine zentrale Rolle darin spielen Brassinosteroide und Auxine. Die Ergebnisse wurden im Magazin „Nature Communications“ veröffentlicht.

Für Pflanzen ist es überlebenswichtig, dass sie ihre Wurzelstruktur an Veränderungen im Boden anpassen können. Tritt ein moderater Stickstoffmangel auf, verlängern viele Pflanzen ihre Seitenwurzeln. Für die Wurzelbildung spielt das Hormon Auxin eine wichtige Rolle. Bei normaler Verfügbarkeit von Stickstoff wird genug Auxin vom Spross in die Wurzeln transportiert, damit diese wachsen. „Liegt aber ein leichter Mangel an Stickstoff vor, reicht das für eine Anpassung nicht aus, daher wird die lokale Biosynthese von Auxin in der Wurzelspitze deutlich erhöht“, erklärt Prof. Dr. Nicolaus von Wirén, Leiter der Abteilung Physiologie und Zellbiologie am IPK Leibniz-Institut.

Doch es geht nicht nur um Auxin, auch Brassinosteroide haben in diesem Prozess eine wichtige Funktion. Sie werden bei leichtem Stickstoffmangel verstärkt synthetisiert und als wachstumsförderndes Signal weitergeleitet. „Dieses Signal wiederum ist notwendig, um die beiden Gene TAA1 und YUCCA8 in den Wurzeln zu induzieren“, erläutert Dr. Zhongtao Jia, Erstautor der Studie. „Somit wird die Bildung von Auxin gesteuert und entsprechend des jeweiligen Stickstoffbedarfes reguliert. Letztlich wird so das Längenwachstum der Seitenwurzeln gesteigert.“

„Wir haben in unserer Untersuchung also ein hormonelles Regulationsmodul entdeckt. Neu ist, dass wir die beteiligten Hormone hierarchisch ordnen können, Brassinosteroide in diesem Prozess also Auxin vorgeschaltet sind“, sagt Prof. Dr. Nicolaus von Wirén. Doch nicht nur das: Die IPK-Wissenschaftler fanden bei ihrer Forschung an der Modellpflanze Arabidopsis im YUCCA-Gen auch allelische Variationen. „Diese hängen damit zusammen, dass einige natürliche Akzessionen (Linien bestimmter geographischer Herkunft) bei leichtem Stickstoffmangel eine stärkere Verlängerung der Seitenwurzeln zeigen als andere.“

Die nächste Herausforderung besteht nun darin, diese Erkenntnisse für die weitere Anpassung der Kulturpflanzen zu nutzen - etwa über Entwicklung genetischer Marker oder über Gen-Editierung mithilfe der Genschere CRISPR/Cas. „Wir erwarten auch bei den Gersten- oder Weizen-Akzessionen in unserer Genbank derartige Unterschiede zwischen einzelnen Linien zu finden“, sagt Prof. Dr. Nicolaus von Wirén. Zudem wollen die IPK-www.ipk-gatersleben.de

Forscher den Fragen nachgehen, wie Pflanzen ihren Stickstoff-Ernährungszustand überhaupt messen können und welche Faktoren in dem Prozess der Wurzelverlängerung noch vor den Brassinosteroiden eine Rolle spielen könnten.

Publikation

Jia, Giehl & von Wirén (2021): Local auxin biosynthesis acts downstream of brassinosteroids to trigger root foraging for nitrogen. Nature Communication.

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