Wer nicht fragt, ist dumm

Am 18. März findet das nächste „Book a Scientist“ statt. Ein Gespräch mit Projektleiterin Marlen Sommer.

03/03/2021 · Geisteswissenschaften und Bildungsforschung · Lebenswissenschaften · Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften · Umweltwissenschaften · Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Raumwissenschaften · Gemeinschaft · Projekte

Zum dritten Mal können sich Interessierte ein privates Online-Date mit einer Wissenschaftlerin oder einem Wissenschaftler der Leibniz-Gemeinschaft reservieren. Das Themenangebot ist umfassend und inhaltlich breit gefächert. Wie so ein Gespräch abläuft und warum das Format so gut ankommt, erzählt die Projektleiterin Marlen Sommer.

LEIBNIZ-GEMEINSCHAFT: Book a Scientist geht am 18. März in die dritte Runde, das Format kommt an. Wie erklärst du dir den Erfolg?

MARLEN SOMMER: Ich glaube, dass die Chance, mal mit einer Expertin oder einem Experten exklusiv und unter vier Augen zu sprechen, für viele sehr reizvoll ist. Wo gibt es das sonst – dass man ganz individuell eigene Fragen stellen kann und sofort eine fachkundige Antwort erhält? Vielleicht spielt auch mit hinein, dass aktuell die Rolle von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern stark diskutiert wird und die Leute sich selbst ein Bild machen möchten. Nicht zuletzt können wir dank der regen Beteiligung unserer Institute aber auch viele spannende Themen sichtbar machen, das weckt einfach die Neugier.

Wie läuft das genau ab – wie buche ich ein „Date“ mit einem Wissenschaftler oder einer Wissenschaftlerin und wie läuft das Gespräch dann ab?

Auf unserer Website listen wir alle Themen, die von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Leibniz-Institute eingereicht wurden. Aus diesem Angebot sucht man sich das passende heraus und schreibt uns eine Mail mit dem Themenwunsch. Ist der Termin noch verfügbar, bestätigen wir das, und er gilt als gebucht. Die Gespräche selbst finden dann alle an einem festgelegten Tag statt. Mit einem Link, den wir bei einer Terminbuchung an die Teilnehmenden senden, kann man einen virtuellen Raum betreten. Dort trifft man auf die gebuchte Fachperson und hat dann 25 Minuten Zeit für ein Gespräch. Und die Chance, alle Fragen zu stellen, die man zum gewählten Thema hat. 

Die Idee klingt so einfach. Wie ist sie entstanden, und wie habt ihr das Format etabliert?

Der Gedanke, einer breiten Öffentlichkeit individuelle Gespräche mit den Leibniz-Forschenden zu ermöglichen, ging mir schon vor drei Jahren durch den Kopf. Wir haben in der Leibniz-Gemeinschaft so viele Themen und wirklich spannende Persönlichkeiten. Ich habe dann überlegt, wie man die auch außerhalb von klassischen Podiumsdiskussionen und anderen Veranstaltungsformaten an die Menschen bringen kann. Nicht jeder traut sich ja bei einer öffentlichen Veranstaltung vor allen Anwesenden eigene Fragen zu stellen. Im Juni 2018 haben wir Book a Scientist dann zur Langen Nacht der Wissenschaft in Berlin getestet und erstmals Gespräche angeboten – ganz analog, ebenso 2019. Ein Jahr darauf mussten wir im Zuge der Pandemie umdenken und haben Book a Scientist in den virtuellen Raum verlegt. Mit großem Erfolg – wir erreichen so weitaus mehr Menschen, und das deutschland- und mitunter sogar schon europa- und weltweit. Niemand muss mehr für Book a Scientist anreisen, weder die Befragten noch die Fragenden.

Ist die digitale Variante vielleicht auch mit weniger Hemmschwellen verbunden?

Auf jeden Fall! Denn natürlich sitzt man trotz persönlichem Treffen immer noch „geschützt“ hinter einem Bildschirm. Da fällt es vielen leichter, Fragen zu stellen, als im „echten“ Leben erst einmal aufeinander zugehen zu müssen. Aber das ist genau, was wir mit dem Format erreichen wollen – Hemmschwellen abbauen, Menschen miteinander ins Gespräch bringen.

Welche Leute nehmen daran teil, lässt sich das sagen?

Das ist jedes Mal spannend zu sehen. Wir erreichen ein sehr breites Spektrum: Mit dabei sind 14-Jährige, die sich für Malakologie interessieren, ganze Klassen, deren Lehrerinnen ein Thema passend zum aktuellen Lehrstoff finden, Rentner mit Interesse am Thema „Düngen im Gemüsebeet“, Studierende mit Fragen zum eigenen Fachgebiet, Vertreterinnen aus Politik, Wirtschaft, Vereinen oder auch Journalisten, die sich zu Fachfragen austauschen wollen. Oder auch einfach neugierige, wissensdurstige Menschen, die sich privat mit einem Thema beschäftigen und bei uns die Chance sehen, sich mit einer Spezialistin oder einem Spezialisten dazu auszutauschen.

Was erhoffen sich die Buchenden von den Gesprächen – in Zeiten, wo man doch (fast) alles im Internet findet?

Ich glaube, dass es schon noch einmal etwas anderes ist, eine fachkundige Person live und direkt selbst zu befragen und auch das eigene Wissen zu einem Thema mit ihr zu diskutieren – „Ist das korrekt?“ „Wie sehen Sie das?“ „Was sind Ihre Erkenntnisse dazu?“ So ein Dialog ist doch allemal individueller und fundierter als eine Suchanfrage bei Google.

Im November standen 80 Themen zur Auswahl, diesmal sind es mehr als 150. Auch seitens der Forschenden steigt also das Interesse, mit dabei zu sein. Was haben sie von Gesprächen mit Laien?

Für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist es sehr motivierend, sich außerhalb ihres Fachbereichs auszutauschen, das entnehme ich den vielen positiven Rückmeldungen. In den Gesprächen sehen sie, welche Fragen jemand von außen zu ihrem Thema hat, müssen ihre fachliche Arbeit dabei allgemeinverständlich formulieren, sehen das Interesse an ihren Themen – das beflügelt und ist auch eine gute Übung in Sachen Wissenschaftskommunikation.

Das Themenangebot ist sehr divers, mal geht es um ein breites Gesundheitsthema wie Allergien, mal sehr speziell etwa um Hip-Hop in Zentralasien. Was kommt besser an?

Ganz allgemein kann man vielleicht sagen, dass aktuell Themen zu Ernährung, Digitalisierung und Wissenschaftskommunikation stark nachgefragt sind. Aber auch vermeintliche Nischenthemen wie „Sprache im Alter“, „Düngung im Gemüsebeet“ oder die „Außermusikalische Wagner-Rezeption im östlichen Europa" finden viel Interesse. Da geht es oft um die Frage der eigenen Betroffenheit – die Teilnehmenden buchen Themen, die für sie selbst relevant sind. Auch das ist ein Gedanke, der hinter Book a Scientist steht: sichtbar zu machen, dass Wissenschaft uns alle angeht.

Wie geht es weiter mit Book a Scientist? Wird das Format nun regelmäßig stattfinden, sind Akzente oder Entwicklungen geplant?

Wir planen, Book a Scientist als festes Leibniz-Format bis zu dreimal jährlich virtuell durchzuführen. Am 18. März gibt es die erste Ausgabe in diesem Jahr. Am 1. Juni die zweite, ein Book a Scientist-Spezial mit Themen aus den Leibniz-Forschungsmuseen. Im Herbst soll es die dritte Veranstaltung des Jahres geben, dann wieder mit allen Leibniz-Instituten, die sich beteiligen wollen.

Letzte Frage: Welches Thema lockt dich selbst am meisten?

Ich wüsste zu gern, was es mit der unglaublichen Vulkanschnecke auf sich hat, über man sich mit Julia Sigwart von der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung unterhalten kann. Aber einstweilen lasse ich natürlich gern anderen Wissbegierigen den Vortritt und überlege mir, wie wir noch mehr Menschen für unsere tollen Themen begeistern können.

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