Jörg Overmann erhält Wissenschaftspreis

Jörg Overmann
Foto PETER HIMSEL/LEIBNIZ-GEMEINSCHAFT

Der Stifterverband würdigt den Einsatz des Mikrobiologen für die Erforschung und faire Nutzung der biologischen Vielfalt.  

11/24/2022 · HP-Topnews · Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH · Lebenswissenschaften · Menschen · Gemeinschaft

Der Wissenschaftspreis des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft „Forschung in Verantwortung“ geht in diesem Jahr an Jörg Overmann, wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Instituts DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen sowie Professor an der Technischen Universität Braunschweig. Die Auszeichnung würdigt die Arbeiten des Mikrobiologen zur Biodiversität von Mikroorganismen sowie sein Engagement zum fairen Interessenausgleich bei der wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzung der biologischen Vielfalt weltweit. Der mit 50.000 Euro dotierte Preis wurde im Rahmen der Jahrestagung der Leibniz-Gemeinschaft am 23. November 2022 verliehen. 

Jörg Overmann gehört zu den renommiertesten deutschen Mikrobiologen. Er erhält den Wissenschaftspreis in Würdigung seiner wissenschaftlichen Leistungen auf dem Gebiet der mikrobiellen Diversität und seines Engagements für die Biodiversitätsforschung. Jörg Overmanns wissenschaftliches Werk widmet sich der biologischen Vielfalt von Mikroorganismen und spannt sich von Tiefseebakterien und ihrer Rolle im Kohlenstoffkreislauf bis zum Einfluss von Bakteriengemeinschaften an Pflanzenwurzeln. Seine Forschungsergebnisse schlagen sich in mehr als 300 Publikationen in wissenschaftlichen Fachzeitschriften nieder. Jörg Overmann ist es zudem vielfach gelungen, zuvor nicht kultivierbare Bakterienarten im Labor zu vermehren und sie damit überhaupt erst für die Forschung und Entwicklung zugänglich zu machen. Damit verkörpert er zugleich die Mission des von ihm geleiteten Leibniz-Instituts DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen: Neben der Forschung zu Mikroorganismen widmet sich das Institut der wichtigen Aufgabe, diese zu sammeln, zu kultivieren und sowohl für die akademische Forschung als auch für die wirtschaftliche Entwicklung zugänglich zu machen. Dazu wurde an der DSMZ die Datenbank BacDive etabliert, die die weltweit einzige öffentliche Ressource mit standardisierten und qualitätskontrollierten phänotypischen Daten zu allen bekannten Bakterienarten ist.

Die Erforschung und Nutzung genetischer Ressourcen steht vor rechtlichen und ethischen Herausforderungen, wenn es um einen geregelten Zugang, einen gerechten Vorteilsausgleich sowie die Berücksichtigung des Artenschutzes geht. Diese Ziele, die völkerrechtlich im Übereinkommen über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD) und dem darauf aufbauenden Nagoya-Protokoll geregelt sind, gestalten sich für Mikroorganismen oft komplizierter als für sonstige Lebewesen. Auf der Grundlage seiner eigenen langjährigen Forschungstätigkeit im südlichen Afrika und in Lateinamerika widmet sich Jörg Overmann seit geraumer Zeit der Anwendung der Prinzipien von CBD und Nagoya-Protokoll auf Mikroorganismen. Im Fokus steht hier das Ziel, den offenen Zugang zu lebenswissenschaftlichen Daten wie etwa digitalen Sequenzinformationen weltweit aufrecht zu erhalten und negative Umwälzungen in den Lebenswissenschaften abzuwenden. Hier hat Jörg Overmann zusammen mit einer Gruppe internationaler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 18 Ländern mit der Einrichtung eines multilateralen Fonds zum Vorteilsausgleich bei gleichzeitig beibehaltenem freiem Datenzugang eine Lösung vorgeschlagen.

„Mit Jörg Overmann zeichnen wir einen exzellenten Wissenschaftler aus, der mit seinen großartigen Forschungsarbeiten in die Gesellschaft wirkt und auf ganz besondere Weise Verantwortung übernimmt“, betont Volker Meyer-Guckel, Generalsekretär des Stifterverbandes. „Vor allem sein herausragendes Engagement, Forschungsdaten in dem Bereich Lebenswissenschaften zu öffnen, ist beispielhaft. Jörg Overmann hat durch seine Arbeit eine weltweit einzigartige, freizugängliche Datenbank etabliert. Damit leistet er einen außerordentlichen Beitrag für die globale Erforschung der Biodiversität.“

Die Präsidentin der Leibniz-Gemeinschaft, Martina Brockmeier, ergänzt: „Jörg Overmann engagiert sich weit über sein eigenes Arbeitsgebiet hinaus für die Anliegen der lebenswissenschaftlichen Forschung und für ihre gesellschaftliche Wirksamkeit. In internationalen Gremien und in der Politikberatung setzt er sich dabei gleichermaßen für ein faires Verfahren in der Nutzung von genetischen Ressourcen ein als auch dafür, dass Forschung ihrer gesellschaftlichen Bedeutung – zum Beispiel durch die Entwicklung neuer Medikamente – gerecht werden kann. Jörg Overmann ist damit ein hervorragendes Beispiel für einen Wissenschaftler, der in und für die Forschung Verantwortung übernimmt.“

Der Preisträger

Prof. Dr. Jörg Overmann studierte Biologie an den Universitäten Bochum und Freiburg, wurde 1991 an der Universität Konstanz im Fach Mikrobiologie promoviert. Es folgten wissenschaftliche Stationen als Postdoc in Vancouver (Kanada), als wissenschaftlicher Assistent in Oldenburg, wo sich Overmann 1999 habilitierte, sowie als Professor für Mikrobiologie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Seit dem Jahr 2010 ist Jörg Overmann wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Instituts DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen in Braunschweig und ordentlicher Professor für Mikrobiologie an der Technischen Universität Braunschweig.

Zum vielfältigen Engagement Overmanns zählen unter anderem die Mitgliedschaft in der Ständigen Senatskommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft für Grundsatzfragen der biologischen Vielfalt, die Funktion des Präsidiumsbeauftragten der Leibniz-Gemeinschaft für Ethik der Forschung sowie des stellvertretenden Sprechers des Leibniz-Forschungsnetzwerks Biodiversität.

Der Preis

Der mit 50.000 Euro dotierte Wissenschaftspreis des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft „Forschung in Verantwortung“ wird auf Vorschlag der Leibniz-Gemeinschaft für hervorragende Gesamtleistungen von Forscherinnen und Forschern vergeben, die sich durch besondere gesellschaftliche Relevanz und gute Umsetzbarkeit auszeichnen. Durch die Preisvergabe sollen die Leistungen der Wissenschaft für die Allgemeinheit sichtbar werden. Preiswürdig sind Forschungsarbeiten, deren Ergebnisse die Grundlagen für innovative Anwendungen in Wirtschaft, Politik oder Gesellschaft bilden. Der Preis wird alle zwei Jahre im Rahmen der Jahrestagung der Leibniz-Gemeinschaft verliehen.

Mehr Information zum Wissenschaftspreis und zu den bisherigen Preisträgern

Kontakt

Christoph Herbort-von Loeper
Leibniz-Gemeinschaft
T 030 206049 471
herbort(at)leibniz-gemeinschaft.de