Blei im Boden

Foto KAI OBERHÄUSER/UNSPLASH

Durch Dünger und Jagdmunition reichert sich giftiges Blei in Ackerböden an. Um Mensch und Umwelt zu schützen, müssen Einträge reduziert werden.

04.06.2020 · Lebenswissenschaften · Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund · News · Forschungsergebnis

In der Vergangenheit wurde viel getan, um Mensch und Umwelt vor dem giftigen Schwermetall Blei zu schützen. Dennoch kann sich Blei in Ackerböden anreichern. Ob durch Bleiverunreinigungen langfristig zu hohe Bleiwerte in Ackerböden entstehen, hat die Beratungskommission der „Gesellschaft für Toxikologie (GT)“ nun untersucht. Mithilfe eines mathematischen Modells hat die Kommission berechnet, dass die Bleikonzentrationen in Böden ansteigen, auch wenn dies nur sehr langsam geschieht. Um gesundheitliche Gefahren zukünftiger Generationen zu minimieren, sollten daher weitere Maßnahmen zur Bleireduktion getroffen werden.

Das Schwermetall Blei ist giftig. Wer über einen langen Zeitraum Blei aufnimmt, schädigt so unter anderem das zentrale Nervensystem. In der Vergangenheit wurden daher viele Maßnahmen durchgeführt, um die Bleibelastung für Mensch und Umwelt zu reduzieren. Dennoch kann sich Blei weiterhin etwa in landwirtschaftlich genutzten Böden anreichern. Die Hauptquellen sind bleihaltige Düngemittel und Jagdmunition. In geringerem Ausmaß kommt es auch zu Bleiablagerungen aus der Luft, die aus industriellen Prozessen resultieren.

Bislang war kaum erforscht, ob bei den aktuellen Bleieinträgen in die Böden langfristig gesundheitlich gefährliche Konzentrationen entstehen können. In einer aktuellen Studie haben Toxikologinnen und Toxikologen der GT daher ein mathematisches Modell entwickelt. „Es erlaubt Prognosen darüber, wie sich der Bleigehalt im Boden über viele Jahrzehnte entwickelt“, sagt Erstautor und Kommissionsmitglied Prof. Dr. Thomas Schupp. So kann abgeschätzt werden, ab wann für die Gesundheit von Verbraucherinnen und Verbrauchern kritische Bleiwerte erreicht werden.

Zunächst hat die Kommission ermittelt, wie viel Blei jährlich durch Dünger, Munition und Ablagerung aus der Luft in ländlichen Regionen in den Boden eingebracht wird. Dazu wurden aus der Literatur bekannte Werte genutzt. Dies führte zu vier Szenarien mit unterschiedlich hohen Bleieinträgen pro Jahr. Diese Bleieinträge wurden in Relation zu den Bleikonzentrationen gesetzt, die dem Boden durch versickerndes und ablaufendes Regenwasser sowie durch die angebauten Pflanzen entzogen werden. So konnte das Team simulieren, wie sich die Bleikonzentration im Boden entwickelt. In einem weiteren Schritt hat die Kommission abgeschätzt, wie viel Blei eine Person beim Verzehr von bestimmten landwirtschaftlichen Produkten wie Getreide (Gerste) oder Gemüse (Kartoffeln, Karotten, Chinakohl, Spinat, Mangold) aufnimmt. Das ist möglich, da für einige landwirtschaftliche Produkte der Bleianteil bekannt ist, den sie aus dem Boden aufnehmen.

Anstieg der Bleikonzentration über langen Zeitraum

Kommissionsmitglied Prof. Dr. Jan Hengstler vom Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo) fasst die Erkenntnisse der Modellierungen zusammen: „Während kurzfristig nur wenig passierte, stiegen die Bleibodenkonzentrationen in zwei Szenarien über einen Zeitraum von vielen Jahrzehnten (50 und 175 Jahren) deutlich an.“ Sie erreichten Werte, die für den Menschen ein ernsthaftes Gesundheitsrisiko darstellen würden. Diese Szenarien enthielten zwar relativ hohe Bleibodenwerte bedingt durch Einträge über Dünger, dicht gefolgt von Schrotkugeln und einem kleineren Anteil von Blei in der Luft. Für die konventionelle Landwirtschaft, für die ausreichend Daten vorliegen, sind die Werte dennoch realistisch, wobei Kompost den höchsten Eintrag verursacht.

Maßnahmen zur Bleireduktion empfohlen

In ihrem Modell geht die Beratungskommission davon aus, dass die Bleieinträge durch Düngemittel, Munition und Luftdeposition Jahr für Jahr konstant bleiben. „In der Realität haben wir aber die Möglichkeit, den Bleieintrag in den Boden zu senken, zum Beispiel durch Düngemittel, die weniger Blei enthalten, oder Alternativen zu bleihaltiger Munition. Solche Maßnahmen sind relevant für eine nachhaltige Landwirtschaft und um toxische Effekte des Bleis langfristig zu vermeiden“, so Prof. Dr. Thomas Schupp. Eine genauere Kenntnis darüber, wie viel Blei durch Schrotkugeln in den Boden gelangt, könnte die Aussagekraft der Berechnungen verbessern. Denn bislang liegen darüber nur grobe Schätzungen vor. Zudem haben die Forschenden andere Quellen der Bleibelastungen (etwa das Trinkwasser) in ihren Berechnungen nicht berücksichtigt.

Originalpublikation (Open Access)

Schupp, T., Damm, G., Foth, H., Freyberger, A., Gebel, T., Gundert-Remy, U., Hengstler, JG., Mangerich, A., Partosch, F., Röhl, C., Wollin, KM.: Long-term simulation of lead concentrations in agricultural soils in relation to human adverse health effects. Arch Toxicol 2020. doi: 10.1007/s00204-020-02762-x

Weitere Informationen und Kontakt

www.ifado.de