Corona gefährdet Ernährungssicherheit
Einkommensschwache Länder, die auf Getreideimporte angewiesen sind, stellt die Pandemie vor existenzielle Herausforderungen. Das könnte die Hungerkrise noch verschärfen.
26.05.2020 · Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Raumwissenschaften · Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien · News · Forschungsergebnis
Die Covid-19-Pandemie hat die Weltwirtschaft innerhalb kürzester Zeit in einen weitgehenden Stillstand gezwungen. Fallende Preise auf internationalen Rohölmärkten stellen dabei einkommensschwache Staaten, die stark auf Energieexporte und gleichzeitig auf Importe von Grundnahrungsmitteln angewiesen sind, vor existenzielle Herausforderungen. Sowohl jüngste Panikkäufe und angekündigte Handelsbeschränkungen auf Weltgetreidemärkten, als auch zunehmend auftretende Autarkierufe geben einmal mehr Grund zur Sorge. IAMO-Direktor Thomas Glauben und Wissenschaftler Maximilian Heigermoser ordnen die Folgen des Covid-19-bedingten wirtschaftlichen Stillstandes für die globale Ernährungssicherung im aktuellen IAMO Policy Brief 37 in einen internationalen Kontext ein.
Innerhalb weniger Wochen verbreitete sich der neuartige Krankheitserreger Sars-Cov-2 weltweit und zwang einen Großteil der Staaten zu nationalen Maßnahmen der Pandemieeindämmung. Diese brachten fast den gesamten internationalen Personenflugverkehr sowie weite Teile der globalen Industrieproduktion und inländischer Gewerbe zum Erliegen. Der Internationale Währungsfond (IWF) prognostiziert angesichts dessen den schwersten weltwirtschaftlichen Abschwung seit der Großen Depression. Weniger entwickelte Staaten, deren Haushalte und Wirtschaften stark vom Export primärer Rohstoffe wie Erdöl oder Industriemetallen abhängen, werden überproportional von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie getroffen.
In Folge des weltweit eingebrochenen Rohölpreises sind beispielsweise die drei größten Erdölexporteure Afrikas, Algerien, Angola und Nigeria, mit stark abwertenden Währungen konfrontiert. Diese afrikanischen Länder sind zudem Nettoimporteure von Grundnahrungsmitteln, wie Weizen und Reis. Es ist nun zu befürchten, dass sich Getreideimporte durch die abwertenden Währungen verteuern werden. Eine lokale Nahrungsmittelpreisinflation gefährdet dann die Ernährungssicherheit der ärmeren, vor allem urbanen Bevölkerung, die auch stärker von Einkommensverlusten durch nationale Shutdowns betroffen ist.
Angesichts einer möglichen globalen Hungerkrise, vor der auch das Welternährungsprogramm (WFP) eindringlich warnt, sind nun einmal mehr die Solidarität der internationalen Staatengemeinschaft sowie die Gewährleistung reibungsloser, internationaler und überregionaler Handelsströme gefragt. „Vor vermehrt aufkommenden Autarkieappellen und De-Globalisierungsforderungen kann in einer solch prekären Versorgungslage nur eindringlich gewarnt werden,“ betonen die Agrarökonomen Thomas Glauben und Maximilian Heigermoser.
Weitere Informationen
Der IAMO Policy Brief 37 „COVID-19, der Ölpreisverfall und die Ernährungssicherheit einkommensschwacher Staaten“ ist in der deutschen Sprache erschienen. In Kürze wird die Publikation auch auf Englisch und Russisch verfügbar sein. Die Ausgabe kann auf der nachfolgenden Internetseite kostenfrei heruntergeladen werden: www.iamo.de/publikationen/iamo-policy-briefs.
IAMO Policy Briefs
Mit den IAMO Policy Briefs bezieht das IAMO aufbauend auf die eigene Forschung zu wichtigen agrarpolitischen Fragen Stellung. In der Publikationsreihe werden verschiedene gesellschaftsrelevante Themen kurz und allgemeinverständlich dargestellt. Zur Zielgruppe zählen insbesondere Entscheidungsträger der Politik, Wirtschafts- und Medienvertreter sowie die interessierte Öffentlichkeit. Seit 2011 werden die IAMO Policy Briefs in unregelmäßiger Folge veröffentlicht.
Downloads
- IAMO Policy Brief 37: COVID-19, der Ölpreisverfall und die Ernährungssicherheit einkommensschwacher Staaten
- PM 03/2020: COVID-19, der Ölpreisverfall und die Ernährungssicherheit einkommensschwacher Staaten