Faktencheck zur WDR-Dokumentation
In der TV-Dokumentation zu Raubverlagen ist der Sachverhalt zu einer Publikation unseres Leibniz-IPK verkürzt und teilweise unklar dargestellt worden. Ein Faktencheck.
25.07.2018 · News · Gemeinschaft
Faktencheck zur TV-Dokumentation „Betrug statt Spitzenforschung - Wenn Wissenschaftler schummeln“ vom 24.07.2018 im WDR-Fernsehen
In der oben genannten TV-Dokumentation wird auf eine Publikation des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben im Verlag Omics International Bezug genommen, die fälschlicherweise als „Peer-reviewter Aufsatz“ im Jahresbericht des Instituts aufgeführt wurde.
In der verkürzten Darstellung des Sachverhalts und des Interviews mit Professor Klaus Tochtermann als Vertreter der Leibniz-Gemeinschaft bleiben im Beitrag selbst einige Fakten unerwähnt bzw. unklar:
- Entgegen dem vermittelten Eindruck ist aus dem Leibniz-IPK nur eine einzige Publikation in den Journalen von Omics erschienen.
- Diese Publikation ist bereits vor fünf Jahren erschienen. Damals im Jahr 2013 war das Phänomen des „Predatory Publishing“ noch deutlich weniger verbreitet und vielen Wissenschaftlern nicht bekannt bzw. in seiner Tragweite nicht bewusst.
- Die Publikation erschien damals in der zweiten Ausgabe des Journals. Über dessen Qualität konnte man bis dato also wenig (aber eben auch wenig Negatives) sagen.
- Bei der Publikation handelte es sich um eine rein technisch-methodische Publikation, die sich in der Regel nicht in hochrangigeren Journalen veröffentlichen lässt. Dennoch wurde sie nach Erscheinen von Aufsätzen in referierten Journalen aus angesehenen Verlagen zitiert.
- Die Publikation ist inhaltlich in keiner Weise zu beanstanden und hat vor Veröffentlichung eine institutsinterne Qualitätssicherung durchlaufen. Dies ist aktuell erneut umfassend geprüft worden. Grundsätzlich ist es zu kurz gegriffen, von der fragwürdigen Qualität eines Journals oder eines Verlags automatisch negative Rückschlüsse auf die Qualität der einzelnen Aufsätze zu ziehen.
- Der Ausweis der Publikation als „referiert“ im Jahresbericht des IPK ist nicht in täuschender Absicht erfolgt, sondern weil die Wissenschaftler selbst über ein angebliches Peer Review-Verfahren getäuscht wurden, somit Betrogene, nicht Betrüger waren. Auf diesem Umstand hat Klaus Tochtermann im Interview mit dem WDR hingewiesen. Gleichwohl ist der Ausweis eines Peer Reviews nicht korrekt und bedarf der Korrektur.
- Der Vorwurf „Der Beitrag hat es sogar in das Nachweissystem AGRIS der FAO geschafft“ hat keine Grundlage. Es liegt außerhalb der Kontrolle oder des aktiven Zutuns der Leibniz-Gemeinschaft, des Leibniz-Instituts IPK oder der Autoren, ob ein Beitrag in solchen Nachweissystemen aufgenommen wird oder nicht.
- Insgesamt sind uns aus Leibniz-Instituten nur eine im niedrigen zweistelligen Bereich liegende Zahl von Publikationen in zweifelhaften Journalen bekannt - und das bei etwa sechzigtausend von Leibniz-Wissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern veröffentlichten Artikeln in referierten Zeitschriften im entsprechenden Zeitraum seit dem Jahr 2010, das wohl als Beginn des Phänomens „Predatory Publishing“ angesehen werden kann. Wir sprechen also über einen Anteil von unter einem halben Promille.
Weitere Informationen zum Thema sind online verfügbar unter www.leibniz-gemeinschaft.de/medien/aktuelles/news-details/article/raubverlage_schaden_wissenschaft_100003566/