Schnelle Diagnose
Immer mehr Menschen erleiden eine Blutvergiftung infolge einer Infektion. Die sogenannte Sepsis endet schnell tödlich. Eine neue laserbasierte Methode könnte die Diagnose revolutionieren.
29.05.2019 · Leibniz-Institut für Photonische Technologien · News · Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften · Forschungsergebnis · Transfer
Übelkeit, Schüttelfrost, Herzrasen: Selbst Mediziner lassen sich von Symptomen für eine Infektion häufig täuschen. Sie vermuten eine harmlose Erkrankung — und wenig später kämpft der Patient auf der Intensivstation um sein Leben. Diagnose: multiples Organversagen als Folge einer Sepsis. Eine Sepsis endet schnell tödlich. Doch sie wird oft zu spät erkannt. Ein Wissenschaftlerteam des Jenaer Leibniz-Instituts für Photonische Technologien (Leibniz-IPHT), der Friedrich-Schiller-Universität und des Universitätsklinikums Jena hat ein Diagnoseverfahren erforscht, das Patienten künftig sehr viel schneller zur richtigen Behandlung verhelfen und damit Leben retten könnte.
Sie trifft hierzulande mehr Menschen als ein Schlaganfall, als Brust- oder Darmkrebs: Jedes Jahr erkranken 280.000 Deutsche an einer Sepsis — umgangssprachlich „Blutvergiftung" genannt. Fast jeder vierte stirbt daran. Betroffen sind immer mehr Menschen, trotz der Fortschritte der modernen Medizin. Je älter wir werden und je häufiger operative Eingriffe vorgenommen werden, desto mehr Menschen erleiden eine Sepsis als Folge einer Infektion. Bei diesem lebensbedrohlichen Zustand richtet sich das Immunsystem gegen den eigenen Körper. Beim Versuch, eine Infektion zu bekämpfen, beschädigt es das eigene Gewebe und die Organe.
Wenn das eintritt, zählt vor allem eines: Zeit. Denn jede Stunde Wartezeit auf die richtige Therapie verschlechtert die Überlebenschancen des Patienten drastisch. Mit derzeitigen Methoden jedoch müssen Mediziner bis zu drei Tage warten, bis sie wissen, welches Bakterium die Infektion auslöst und welche Medikamente dagegen wirken.
Dem Jenaer Forscherteam ist nun ein Durchbruch gelungen, der die Diagnose lebensbedrohlicher Infektionskrankheiten mit der Kraft des Lichts revolutionieren könnte. „Eine potentiell lebensrettende Entwicklung", urteilt Prof. Michael Bauer, der am Uniklinikum Jena die Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin leitet. Nicht nur für den einzelnen Patienten: Das zuletzt mit mehreren hochrangigen Forschungspreisen ausgezeichnete Verfahren ermöglicht es Ärzten, Infektionen zielgenau zu therapieren und leistet so einen entscheidenden Beitrag im Kampf gegen resistente Keime — einer Gefahr für Menschen weltweit.
Die Lösung der Forscher vom Leibniz-Institut für Photonische Technologien (Leibniz-IPHT), der Friedrich-Schiller-Universität und des Universitätsklinikums Jena verkürzt die Zeit bis zur richtigen Diagnose drastisch. In drei Stunden statt bis zu drei Tagen liefert der laserbasierte Test Ärzten die entscheidenden Informationen, um mit der optimalen Behandlung zu starten.
Die Methode ist nicht nur schnell, sondern auch kostengünstig und universell einsetzbar: ein Chip, der ein Labor ersetzt. Wenige Tropfen einer Patientenprobe genügen und Ärzte können einfach ablesen: Welches Bakterium ist der Auslöser der Infektion und gegen welche Antibiotika ist es resistent.
„Die Jenaer Entwicklung könnte helfen, uns aus der Resistenz-Misere zu befreien", urteilt der Intensivmediziner Michael Bauer. „In drei bis fünf Jahren wollen wir das Verfahren am Markt haben", sagt Prof. Jürgen Popp, wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-IPHT. Dort arbeitet das Forscherteam bereits an einem tragbaren System. „Unser Ansporn ist es, Ärzten ein Mittel an die Hand zu geben, das sie dort einsetzen können, wo es am meisten gebraucht wird: in der patientennahen Diagnostik", so Popp. So könnte der Schnelltest auch Ärzten auf dem Land, wo keine Klinik und kein Speziallabor in der Nähe ist, zu einer präzisen Diagnose und ihren Patienten zu einer passenden Behandlung verhelfen.
Die Erforschung des Verfahrens wurde in verschiedenen Projekten über einen Zeitraum von mehreren Jahren kontinuierlich mit mehreren Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
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