Widerstand gegen Betriebsräte
Viele Arbeitgeber sperren sich gegen Betriebsräte. Grund dafür ist nicht nur die Furcht vor zu viel Mitbestimmung - es gibt auch eine ökonomische Begründung.
31.05.2018 · News · Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle · Forschungsergebnis · Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Raumwissenschaften
Deutschland wählt. Dieses Mal aber geht es nicht um Politiker, sondern um die Betriebsräte. Das lohnt sich: Viele Untersuchungen zeigen, dass Betriebsräte insgesamt positive Effekte auf Produktivität, Löhne und Gewinne haben. Trotzdem leisten Arbeitgeber zum Teil großen Widerstand gegen die betriebliche Mitbestimmung. Eine häufig benutzte Begründung ist, dass Mitbestimmung die unternehmerische Freiheit einschränkt und dass Arbeitgeber bereit sind, positive Effekte der Mitbestimmung im Gegenzug für größere Handlungsspielräume zu opfern. Steffen Müller vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) liefert jetzt eine alternative ökonomische Begründung für die ablehnende Haltung: Arbeitgeberverbände werden von mittelständischen Unternehmen dominiert, und in diesen hat der Betriebsrat – im Gegensatz zu großen Betrieben – oft keine positiven ökonomischen Folgen.
Der Betriebsrat hat viele Informations-, Konsultations- und Mitbestimmungsrechte, die sich mit zunehmender Betriebsgröße erweitern. Allerdings: Weniger als 10% aller betriebsratsfähigen Betriebe in Deutschland haben einen Betriebsrat. Zwar stehen hinter diesen knapp 10% immerhin mehr als 40% der Beschäftigten. Gleichzeitig gibt es jedoch sehr viele Betriebe, in denen die betriebliche Mitbestimmung zwar möglich wäre, aber nicht umgesetzt wird. Arbeitgeber argumentieren hier zum Teil mit ökonomischen Nachteilen, dabei haben Betriebsräte zunächst einige produktionssteigernde Vorteile:
Durch die Informations- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats haben Mitarbeitende die Möglichkeit, ihre Kritik indirekt an die Geschäftsleitung zu kommunizieren. „Das ist sowohl für die Geschäftsleitung eine wertvolle Informationsquelle als auch ein Motivationsmotor für die Belegschaft“, erklärt Autor Steffen Müller, Leiter der Abteilung Strukturwandel und Produktivität am IWH. Mitbestimmung führt damit zu geringerer Fluktuation des Personals und gesteigerter Arbeitszufriedenheit – was sich am Ende in einer Steigerung der Produktivität äußert. Zentral für die Frage des Arbeitgeberwiderstands sind aber die Effekte auf Löhne und Gewinne. Zwar sind die Löhne in mitbestimmten Betrieben höher, Untersuchungen haben jedoch auch gezeigt, dass höhere Löhne zwar einen Teil der gesteigerten Produktivität abschöpfen, mitbestimmte Arbeitgeber aber am Ende dennoch höhere Gewinne erzielen, zumindest wenn sie gleichzeitig tarifgebunden sind.
Was ist dann nun aber der Grund für den Widerstand? „Viele kleine und mittlere Unternehmen bis 100 Beschäftigte profitieren ökonomisch tatsächlich nicht von betrieblicher Mitbestimmung. Gleichzeitig stellen diese aber in den meisten Arbeitgeberverbänden die Mehrheit. Bei Gesamtmetall machen sie beispielsweise 70% der Mitglieder aus“, so Müller. Da in den meisten Verbänden jedes Mitglied dasselbe Stimmrecht hat, können kleine und mittlere Unternehmen damit auch bei Abstimmungen die Mehrheit bilden. Das kann erklären, was zunächst paradox erscheint: Arbeitgeberverbände sprechen sich aus ökonomischen Gründen gegen eine insgesamt effizienzsteigernde Arbeitsmarktinstitution aus.
Müller, Steffen: Warum gibt es Widerstand gegen Betriebsräte?, in: IWH, Wirtschaft im Wandel, Jg. 24 (2), 2018, 23-25.
Kontakt
Stefanie Müller
Presse
Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH)
Tel.: +49 345 7753 720
presse(at)iwh-halle.de