Fraunhofer-Gesellschaft und Leibniz-Gemeinschaft gründen Forschungsallianz zum Erhalt des Kulturerbes

Kürzlich haben sich Vertreter von elf Fraunhofer-Instituten und sechs Forschungsmuseen der Leibniz-Gemeinschaft im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg getroffen, um über gemeinsame Ansätze bei der zukünftigen Forschung für den Erhalt des Kulturerbes zu diskutieren. Wichtigstes Ergebnis ist die Gründung einer Forschungsallianz zwischen der Fraunhofer-Gesellschaft und der Leibniz-Gemeinschaft.

13.11.2006 · Pressemeldung · Leibniz-Gemeinschaft

Der Erhalt von Kulturgütern – auch innerhalb von Museen – stellt häufig höchste Anforderungen an Restauratoren und Technik. Viele Probleme auf diesem Gebiet sind noch nicht gelöst und betreffen die Großzahl der Museen in Europa. Auf einem gemeinsamen Treffen von elf Fraunhofer-Instituten und sechs Forschungsmuseen der Leibniz-Gemeinschaft in Nürnberg, zu dem auch Fachleute aus den Staatlichen Museen zu Berlin und von der Universität Wuppertal eingeladen waren, wurden zentrale Probleme sowie technische Lösungsmöglichkeiten diskutiert. Da es sich um komplexe Fragestellungen handelt, die die Entwicklung neuer Methoden beinhalten, vereinbarten Leibniz-Gemeinschaft und Fraunhofer-Gesellschaft in Zukunft zusammenzuarbeiten. Ziel ist die Verbesserung der Restaurierungs- und Konservierungstechniken von Kulturgütern.

Die Forschungsmuseen der Leibniz-Gemeinschaft besitzen in ihren Sammlungen zahlreiche Kulturgüter von nationalem und internationalem Rang. Das Spektrum reicht von Plastiken und Gemälden über technische Großobjekte bis hin zu biologischem Material. Zum Erhalt der Objekte nutzen und entwickeln sie modernste Restaurierungs- und Konservierungsmethoden – teils in Eigenregie, teils mit externen Partnern. So besteht auch eine langjährige Zusammenarbeit mit einzelnen Fraunhofer-Instituten. Die Fraunhofer-Institute sind mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten in die Forschung zur Restaurierung und Konservierung von Kulturgut eingebunden. Sie bieten ein breites Spektrum von Verfahren, Materialien und Know-how, um die Vielfalt der Fragestellungen zu behandeln: von der Laserreinigung kostbarer Objektdetails über die Dekontaminierung von Schadstoff belasteten Hölzern bis zur Erfassung und Optimierung der Klimabedingungen in Museumsräumen.

Ziele der Forschungsallianz sind die bedarfsorientierte gemeinsame Forschung mit den Schwerpunkten auf nationaler und europäischer Ebene sowie eine schnellere Marktüberführung der Forschungsergebnisse, so dass sie allen Museen rasch zugute kommen können.

Folgender Forschungsbedarf wurde bisher erkannt:

- Dekontaminierung von Pestiziden in Kunst- und Kulturgütern sowie Konsolidierung mittels überkritischem CO2

- Konservierungsprobleme der modernen Kunststoff- und Kompositmaterialien

- Anwendung und Weiterentwicklung der Plasmatechnologie bei der Restaurierung

- Entwicklung von einheitlichen und vor allem praktikablen und kostengünstigen Prüf- und Analyseverfahren sowie deren Qualitätssicherung, zum Beispiel durch Ringversuche

- Forschung zu neuen „Therapien“ für die Restaurierung und Konservierung

- Klimatechnik und Energieeffizienz in Museen und Archiven

- Aus- und Weiterbildung in den neuen Hochtechnologien.

Die in Nürnberg geschlossene Allianz soll Synergien zwischen den beiden großen Forschungsorganisationen herstellen und für eine bessere Verbreitung der Erkenntnisse sorgen. Der Wissenstransfer soll sowohl zwischen den beteiligten Instituten und Einrichtungen als auch generell zwischen Forschung und Praxis verbessert werden.  Mit der Kooperation kann Bündelung und gezielter Einsatz von Kompetenz erreicht werden – zum Wohl der Kulturgüter. Die Allianz soll darüber hinaus den Erhalt des Kulturgutes sichern und den notwendigen Anstrengungen zur Entwicklung von Materialien und Verfahren bei ungelösten Fragestellungen Gehör verschaffen. In der Bundesrepublik ist das Thema „Forschung und Entwicklung zur Erhaltung des Kulturguts“ in den letzten Jahren vernachlässigt worden. Anliegen der neuen Allianz ist es daher auch, auf diese Defizite aufmerksam zu machen und über gemeinsame Projektanträge zu versuchen, Lösungen für konkrete Probleme zu finden.

Die Allianz strebt einen nachhaltigen Umgang mit dem Thema Kulturgüterschutz an. Arbeitsgruppen werden sich jetzt mit den oben genannten Themenfeldern intensiver beschäftigen. Alle Mitglieder wollen sich mindestens einmal jährlich zum Erfahrungsaustausch und Fortschreiben der Forschungsagenda „in großer Runde“ treffen. Gemeinsam wollen Fraunhofer-Gesellschaft und Leibniz-Gemeinschaft dafür Sorge tragen, dass Kulturgut eine Zukunft hat. Als Sprecher der Allianz fungieren Prof. Klaus Sedlbauer vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP, Stuttgart, und Dr. Stefan Brüggerhoff vom Deutschen Bergbau-Museum DBM in Bochum.

Kontaktpersonen für die Allianz

Dr. Arnulf von Ulmann, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg (GNM)

Dr. Johanna Leissner, wissenschaftliche Vertreterin für die Fraunhofer-Institute IAP, IBP, ICT, IGB und ISC bei der Europäischen Union, Brüssel

Beteiligte Institute

Leibniz-Gemeinschaft: Deutsches Bergbau-Museum Bochum (DBM), Deutsches Museum (DM), Deutsches Schifffahrtsmuseum (DSM), Germanisches National-museum (GNM), Römisch-Germanisches Zentralmuseum (RGZM), Zoologisches Forschungsmuseum Alexander Koenig (ZFMK).

Fraunhofer Gesellschaft: Fraunhofer-Institute für Bauphysik IBP, für Angewandte Polymerforschung IAP, für Chemische Technologie ICT, für Grenzflächen und Bioverfahrenstechnik IGB, für Graphische Datenverarbeitung IGD, für Werkstoff- und Strahltechnik IWS, für Lasertechnologie ILT, für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT, für Silicatforschung ISC, für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz Institut WKI, Informationszentrum Raum und Bau IRB.