Karl Ulrich Mayer wird neuer Leibniz-Präsident

Karl Ulrich Mayer wird neuer Präsident der Leibniz-Gemeinschaft. Die Mitgliederversammlung der Leibniz-Gemeinschaft wählte den Soziologen am heutigen Freitag mit großer Mehrheit anlässlich der Jahrestagung in Rostock. Mayer ist derzeit Inhaber der Stanley B. Resor-Professur und Chair des Department für Soziologie an der Yale University (USA) und wird zum 1. Juli 2010 den derzeitigen Amtsinhaber Ernst Th. Rietschel ablösen.

27.11.2009 · Pressemeldung · Leibniz-Gemeinschaft

„Ich freue mich sehr auf die Aufgabe, weil die Leibniz-
Gemeinschaft in der Verbindung von Grundlagenforschung, angewandter
Forschung, und forschungsbasierter Infrastruktur den Erfordernissen moderner
Wissenschaft in herausragender Weise Rechnung trägt“, sagte Mayer nach der
Wahl. „Die Leibniz-Gemeinschaft bearbeitet z. B. mit der Gesundheitsforschung, der Umweltforschung, sowie der Bildungsforschung Themen, die gleichzeitig von hoher gesellschaftlicher Bedeutung sind und international führende, innovative Arbeitsansätze voraussetzen.“

„Ich bin glücklich, dass die Leibniz-Gemeinschaft mit Karl Ulrich Mayer erstmals
einen Präsidenten aus dem Gebiet der Geistes- und Sozialwissenschaften
gewinnen konnte, schließlich sind diese Fächer in zahlreichen Einrichtungen
unserer Gemeinschaft ein wesentlicher Schwerpunkt“, sagt der scheidende
Amtsinhaber, der Chemiker Ernst Rietschel. „Karl Ulrich Mayer ist nicht nur ein
renommierter Wissenschaftler, sondern auch ein profunder Kenner der deutschen und internationalen Wissenschaftslandschaft. Ich bin sicher, dass die Leibniz-Gemeinschaft unter seiner Präsidentschaft ihre anerkannte Position und Profilierung als Wissenschaftsorganisation in Deutschland behaupten und
international weiter ausbauen wird“, so Ernst Rietschel weiter.

Karl Ulrich Mayer studierte ab 1964 Germanistik, Philosophie und Soziologie in
Tübingen, bevor er mit einem Fulbright-Stipendium in die USA ging und dort seinen B.A. (Gonzaga Colle) und M.A. (Fordham University) machte. 1967 kehrte Mayer nach Deutschland zurück und promovierte an der jungen Universität Konstanz zum Thema Ungleichheit und Mobilität im sozialen Bewusstsein. Gleichzeitig war Mayer von 1968 bis 1972 Verwalter einer wissenschaftlichen Assistentenstelle bei Wolfgang Zapf an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Von 1972 bis 1977 folgte eine wissenschaftliche Assistentenstelle an der Universität Mannheim, wo er 1977 mit einer Schrift zur sozialen Mobilität zwischen Generationen im Alter von 32 Jahren von den Fakultäten für Sozialwissenschaften und Volkswirtschaftslehre habilitiert wurde.

Von 1979 bis 1983 war er zunächst als Programmdirektor, dann als
Geschäftsführender Direktor am neugegründeten Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen (ZUMA) tätig, das heute Teil des Leibniz-Instituts für
Sozialwissenschaften GESIS ist. 1983 erfolgte die Berufung als Direktor an das
Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin, wo Mayer bis 2005 den
Forschungsbereich „Bildung, Arbeit und gesellschaftliche Entwicklung“ leitete. Dort betrieb er in einem großen Forschungsprogramm die quantitative Analyse von Lebensverläufen, d. h. Ausbildungs- und Berufskarrieren, Wohn- und
Familiengeschichten im Kontext des sozialen Wandels. Kern dieses Programms
sind repräsentative Längsschnittserhebungen und dynamische Modelle für
ausgewählte, zwischen 1919 und 1975 geborene Jahrgänge. Dabei stellte die
unmittelbar vor Ort erlebbare deutsche Einheit eine besondere Herausforderung für Mayers Lebensverlaufsforschung dar. Die jüngsten seiner insgesamt 30 Bücher befassen sich mit den Lebensverläufen in Ost- und Westdeutschland vor und nach 1989, dem Vergleich der kollektiven Lebensschicksale junger Ost- und Westdeutscher, der Entwicklung beruflicher Kompetenzen in international vergleichender und interdisziplinärer Perspektive sowie den Perspektiven von Marktliberalismus und Wohlfahrtsstaat. Fragestellungen von Mayers Untersuchungen waren u. a. die Ungleichheit der Bildungs- und Berufschancen, die lebenszeitliche Verzögerung der Familienbildung, die Trends beruflicher Flexibilität sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Von 1988 bis 2002 leitete er zusammen mit Paul Baltes die interdisziplinäre Berliner Altersstudie. Seit 2008 ist er Direktor Emeritus des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung.

2003 nahm er einen Ruf nach Yale an und wurde Professor am Department of
Sociology. In Yale baute Mayer ein internationales Forschungszentrum auf, das
Center for Research on Inequalities and the Life Course (CIQLE). 2007 wurde er mit der Stanley B. Resor Professur ausgezeichnet. Nach wie vor bestimmt die Forschung über die deutsche Gesellschaft Mayers wissenschaftliche Arbeit.

Mayer kann auf langjährige Erfahrungen in der Wissenschaftspolitik zurückblicken. 1993 wurde er in den Wissenschaftsrat berufen und war von 1996 bis 1999 Vorsitzender der Wissenschaftlichen Kommission. Von 1999 bis 2001 war er Mitglied der Kommission zur Verbesserung der Dateninfrastruktur und von 2001 bis 2003 Vorsitzender des neugegründeten Rates für Sozial- und Wirtschaftsdaten. Die Gründung des Max-Planck-Instituts für demographische Forschung in Rostock geht auf seinen Vorschlag zurück.

Mayer ist Mitglied in verschiedenen wissenschaftlichen Akademien: der Berlin-
Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, der Deutschen Akademie der Naturforscher – Leopoldina (Gründer der Sektion Ökonomik und Empirische
Sozialwissenschaften; Senator von 1998 bis 2002), der British Academy
(Corresponding Fellow), der European Academy of Sociology (Gründungsmitglied), der American Academy of Arts and Sciences (Fellow), sowie der American Association for the Advancement of Science (AAAS, Fellow).

Mayer ist seit mehr als 40 Jahren mit seiner Frau Martha verheiratet und Vater
dreier erwachsener Kinder, die in der Biochemie, der Bioinformatik und der
industriellen Qualitätssicherung tätig sind.

Ein Pressefoto von Prof. Mayer finden Sie auf den Seiten des Informationsdienstes Wissenschaft unter http://www.idw-online.de/de/news346388