Wälder: Von der Romantik in die Zukunft
Drei Museen werfen einen neuen Blick auf den Wald. Die mehrteilige Ausstellung verknüpft Wissenschaft, Kunst, Ökologie und Alltag.
03/25/2024 · HP-Topnews · Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung · Lebenswissenschaften · Projekte
Eine Ausstellung des Deutschen Romantik-Museums, des Senckenberg Naturmuseums Frankfurt und des Museums Sinclair-Haus
16. März bis 11. August 2024
Drei Museen im Rhein-Main-Gebiet nehmen sich gemeinsam der Wälder an: Das Deutsche Romantik-Museum, das Senckenberg Naturmuseum Frankfurt und das Museum Sinclair-Haus in Bad Homburg kooperieren in einer großen mehrteiligen Ausstellung. Das transdisziplinäre Projekt verknüpft Zugänge aus Wissenschaft und Kunst, Ökologie und Alltag. Mit Exponaten aus den Künsten, der Kultur- und Forstgeschichte sowie den Naturwissenschaften spannt die Schau den Bogen von der Epoche der Romantik in die Gegenwart. Um 1800 bildet sich ein Verständnis von Natur heraus, das Mensch und Natur in Wechselbeziehungen zueinander denkt und heute von hoher Aktualität ist. Vor dem Hintergrund von Klima- und Biodiversitätskrisen bringt die Ausstellung frühe Ansätze zur Entwicklung neuer Naturverhältnisse in Dialog mit aktuellen Fragestellungen. Der Blick richtet sich dabei nicht auf einen bestimmten oder den „deutschen“ Wald, sondern auf verschiedene Wälder der Erde.
„Wälder sind außerordentlich vieldeutige Naturräume. Sie sind wirtschaftliche Ressource und sie sind heute auf der ganzen Welt in ihrem Bestand gefährdet. Bei der Ausstellungskonzeption wurde schnell klar, dass es bei den brennenden Fragen der Gegenwart gar nicht anders geht, als sich dem Thema transdisziplinär zu nähern“, sagt Prof. Nicola Lepp, verantwortlich für die kuratorische Gesamtidee und für die Ausstellung im Deutschen Romantik-Museum. Sie hebt die Besonderheit der Kooperation der drei Häuser hervor: „Entstanden ist eine Ausstellung, die in insgesamt 13 Ausstellungskapiteln parallel an drei sehr unterschiedlichen Museen stattfindet, wobei jedes Haus mit sehr unterschiedlichen Ansätzen das Thema betrachtet. Dabei stellt jede Institution vor dem Hintergrund von Klimawandel und Biodiversitätskrise auf ihre Weise heutige Ansätze vor. Natur ist nicht mehr nur als Ressource für menschliche Bedürfnisse zu denken; sie ist ein mit dem Menschen zutiefst verflochtener Lebenszusammenhang. Der Rückblick auf die Epoche der Romantik ist dabei konstitutiv: Hier entsteht die Idee einer lebendigen Natur, die nicht als Objekt, sondern als eigenes Subjekt gedacht ist. Denn im Fluchtpunkt der Ausstellung steht die große Frage: Wie können wir unsere Naturverhältnisse in Zukunft so gestalten, dass wir Natur nicht zerstören, sondern unsere Lebensverhältnisse mit ihr gestalten? Dies verhandelt die Ausstellung am Beispiel der Wälder, die dafür besonders gut geeignet sind. Einerseits stehen sie für Natur schlechthin, andererseits sind sie ein kulturell überformter Raum par excellence“, so Nicola Lepp weiter.
Das Deutsche Romantik-Museum nimmt in seiner Ausstellung eine kultur- und wissenschaftsgeschichtliche Perspektive ein und findet in der Epoche der Romantik Anfänge ökologischen Denkens. Im Senckenberg Naturmuseum Frankfurt erwarten die Besucherinnen und Besucher aktuelle Perspektiven der Naturwissenschaften im Spiegel ihrer gesellschaftlichen Relevanz und im Austausch mit künstlerischen Forschungen. Das Museum Sinclair-Haus stellt die Künste beider Epochen in den Mittelpunkt und erkundet, wie Mensch-Wald-Verbindungen im Möglichkeitsraum der Kunst imaginiert werden. Dem romantischen Denken in Zusammenhängen und Wechselwirkungen entspricht die transdisziplinäre Herangehensweise des Projekts. Die sich daraus ergebende Vielfalt unterschiedlicher Exponate – von natur- und wissenschaftsgeschichtlichen Objekten bis hin zu Blicken aus Kunst, Literatur, Musik und Tanz – verbindet die drei Ausstellungen. Objekte und Installationen laden nicht nur zum Anschauen, sondern auch zum Hören, Riechen und Ausprobieren ein.
„Unser ungewöhnliches Kooperationsprojekt ist von der ökologischen Krise motiviert, die uns alle umtreibt“, führt Prof. Dr. Anne Bohnenkamp-Renken, Direktorin des Freien Deutschen Hochstifts / Deutsches Romantik-Museum aus. „Die Epoche der Romantik prägte eine veränderte Einstellung zur Natur und damit auch zum Wald – im Mittelpunkt stand damals die heute wieder brandaktuelle Erkenntnis unserer Zugehörigkeit zur Natur. So wird die romantische Hinwendung zum Wald in der gemeinsamen Ausstellung aus einer ungewohnten Perspektive vorgestellt: Unsere Leitfrage war, wie sich die romantische Wald-Faszination zu der weltweit aktuellen Sorge um unsere Wälder verhält. Schon die Romantiker reagieren mit ihrer Waldbegeisterung auf das auch damals aktuelle Verschwinden der Wälder. Gleichzeitig verbindet die Ausstellung die romantische Praxis der Überschreitung von Grenzen zwischen Künsten und wissenschaftlichen Disziplinen mit interdisziplinären Herangehensweisen von heute.“
„Die Rolle der Wälder für das Wohlergehen des Lebens auf der Erde ist zentral. Dass sich drei Museen der Rhein-Main-Region zusammengefunden haben, um die Relevanz und Funktionen von Wäldern von der Romantik bis in die Zukunft zu thematisieren, zeigt zweierlei: erstens die Bedeutung des Themas für uns alle und unsere ökologische wie gesellschaftliche Entwicklung – zweitens aber auch die Kraft des pluralistischen Ansatzes. Unser Projekt ist inter- und transdisziplinär angelegt. Es bezieht sich auf die menschliche und die nicht-menschliche Welt. Jede Institution hat ihre Zugänge definiert, das Projekt kuratiert und sich gegenseitig inspiriert. Gerade in Frankfurt geht das besonders gut, angesichts der Dichte von Forschungen und Museen“, ordnet Prof. Dr. Brigitte Franzen, Direktorin des Senckenberg Naturmuseums am Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum die gelungene Kooperation ein.
Kathrin Meyer, Direktorin des Museums Sinclair-Haus fasst den besonderen Wert dieses multiperspektivischen Projekts mit seinem Zusammenspiel der Epochen und Disziplinen wie folgt zusammen: „Interdisziplinäre Projekte wie dieses haben ein großes Potenzial: Sie treten aus den einzelnen Sichtweisen heraus, verbinden sie und wirken daran mit, die Komplexität der Welt vorstellbar zu machen. Wir sind immer noch auf dem Weg, uns als Mensch in der Natur zu verorten und die Verbindungen zwischen Bäumen, Menschen und all den anderen Lebewesen wie Moosen, Pilzen sowie anderen Handelnden nicht nur rational zu verstehen, sondern auch zu empfinden. Um uns diese vielfältigen Beziehungen vorstellen zu können, brauchen wir beides: Wissenschaft und Kunst.“
Katarzyna Wielga-Skolimowska, Künstlerische Leitung der Kulturstiftung des Bundes unterstreicht auch den kooperativen Aspekt der Wälder-Ausstellung: „Für das Ausstellungsprojekt haben sich drei Museen zu einer Forschungs- und Erkenntnisgemeinschaft zusammengetan und lassen ein pluralistisches Porträt des Waldes entstehen: Sie zeichnen das Bild einer Polyphonie der Organismen, in der menschliche und nicht-menschliche Bewohner in einer biotischen Gemeinschaft denselben Rang haben.“
Die Ausstellungen im Deutschen Romantik-Museum und im Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt sowie die Begleitpublikation werden gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes. Gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Mit freundlicher Unterstützung von Crespo Foundation, Kulturfonds Frankfurt Rhein-Main, Aventis Foundation, Stiftung Polytechnische Gesellschaft, Kulturamt der Stadt Frankfurt am Main und Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen.
Begleitprogramm
An allen drei Museen wird ein umfangreiches Kultur- und Vermittlungsangebot aus Führungen, Gesprächen, Workshops, Konzerten, Lesungen, interdisziplinären Veranstaltungen und Fortbildungen angeboten. Dazu gehören gemeinsam konzipierte Formate in den Häusern, auf öffentlichen Plätzen und in den Wäldern.
Weitere Informationen und Kontakt
Pressemitteilung der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung (SGN)