Heiße Zeiten
Waldbrände breiten sich in Europa aus – auch dort, wo sie bisher nicht vorkamen. Im Projekt „FirEUrisk“ erforschen internationale Expertinnen und Experten, wie das Brandrisiko verringert werden kann.
08/23/2022 · News · Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung · Lebenswissenschaften · Forschungsergebnis
Laut Expert*innen des „FirEUrisk“-Projekts, unter ihnen Senckenberg-Wissenschaftler Prof. Dr. Thomas Hickler, entstehen bedingt durch den Klimawandel aktuell Brände von hoher Intensität so weit im Norden wie nie zuvor. Im Rahmen von „FirEUrisk“ sollen unter anderem wertvolle Erfahrungen aus den südeuropäischen Ländern, die schon mehr Erfahrung mit Bränden haben, in Gegenden genutzt werden, wo es bisher kaum Strategien dafür gibt, mit dem erhöhten Brandrisiko umzugehen.
Erst kürzlich konnte der verheerende Brand im Berliner Grunewald besiegt werden – ein Behördensprecher bezeichneten die sieben Tage andauernden Löscharbeiten als „gefährlichsten Brandbekämpfungseinsatz“ seit dem Zweiten Weltkrieg. „Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass Brände in Regionen auftreten, in denen sie früher nicht vorkamen, und dass sie immer schwerwiegender werden“, erklärt Prof. Dr. Thomas Hickler vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum Frankfurt und fährt fort: „Bisher hat es bei uns im Sommer mehr geregnet als im Winter und Brände waren insbesondere in naturnahen Laubwäldern sehr selten, aber das scheint sich gerade zu verändern, und Klimamodelle sagen für die Zukunft erheblich trockenere Sommer voraus, so trocken wie in anderen Regionen von Europa, wo es heute schon häufig brennt. Im Projekt ‚FirEUrisk‘ arbeiten wir mit 39 internationalen Expert*innen an der Entwicklung wissenschaftlich fundierter Strategien zur Bewältigung großer Waldbrände in ganz Europa.“
Denn nicht nur in Deutschland sind Waldbrände gerade ein wichtiges Thema: In großen Teilen Europas wüten Waldbrände. In Portugal umfasste die verbrannte Fläche bis Ende Juli 70.000 Hektar. Spanien verzeichnete mit 352 Bränden und 229.645 Hektar verbranntem Land die schlimmsten Feuer seit 25 Jahren. „Die Ereignisse der letzten Jahre zeigen, dass die von der Wissenschaft vorhergesagten Veränderungen, wie der Rückgang der Niederschläge und das Auftreten wiederholter und langanhaltender Hitzewellen durch den globalen Klimawandel, zu einer ‚neuen Normalität‘ werden“, so Hickler. Der „FirEUrisk“-Koordinator Prof. Dr. Domingos Xavier Viegas von der Universität Coimbra (Portugal) erläutert: „Jüngste Prognosen sagen voraus, dass das Brandrisiko in naher Zukunft um das Dreifache steigen wird – wir werden zwei- bis dreimal häufiger Tage mit sehr hohem bis extremem Brandrisiko erleben. Es gilt rasch zu handeln und unsere Ökosysteme und die Gesellschaft darauf vorzubereiten. Sonst werden wir eine sehr schwierige Zukunft haben.“
Unter anderem auf der Grundlage der Erfahrungen der Mittelmeerländer entwickeln die Expert*innen im „FirEUrisk“-Projekt Leitlinien, Richtlinien und Empfehlungen zur Eindämmung des Brandrisikos. Diese Strategien werden an Pilotstandorten und in Demonstrationsgebieten erprobt und umgesetzt, um alle europäischen Länder an die sich ändernden Klimabedingungen anzupassen. „Es gibt in Europa unterschiedliche Realitäten, insbesondere was die Einsatzbereitschaft und -erfahrung, die Ausrüstung, die Ausbildung und die Vorbereitung der Bevölkerung für einen Brandfall angeht“, berichtet Viegas und ergänzt: „In Mittel- und Nordeuropa sind Waldbrände nicht so häufig und nicht so schwerwiegend wie in Südeuropa – doch das wird sich ändern. Diese Länder müssen bald über ähnliche organisatorische Kapazitäten und Vorbereitungen verfügen wie die südlichen Gebiete.“
Mithilfe von Prognosen für die nächsten 30 bis 50 Jahre will „FirEUrisk“ erreichen, dass die Gesellschaft weiß, was auf sie zukommt und welche Handlungsoptionen es gibt, um den Veränderungen des Brandwetters und der immer größer werdenden Gefahr von Waldbränden zu begegnen. „Wir müssen endlich verstehen, dass der Klimawandel unsere Lebenswirklichkeit massiv beeinflussen wird und wir uns anpassen müssen. Gleichzeitig müssen wir unsere Treibhausgasemissionen drastisch verringern, um das Schlimmste noch zu verhindern. Ein ‚Weiter so‘ könnte katastrophale Folgen haben“, schließt Hickler.
Weitere Informationen und Kontakt
Pressemitteilung der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung (SGN)