Leibniz-Promotionspreis 2021

Die Leibniz-Gemeinschaft zeichnet die Doktorarbeiten einer Politikwissenschaftlerin und einer Diabetesforscherin aus.

02/23/2022 · HP-Topnews

Die Leibniz-Gemeinschaft zeichnet die herausragenden Doktorarbeiten der Politikwissenschaftlerin Pola Lehmann aus Berlin in der Kategorie Geistes- und Sozialwissenschaften sowie der Medizinerin Oana Patricia Zaharia aus Düsseldorf in der Kategorie Natur- und Technikwissenschaften mit dem Leibniz-Promotionspreis aus. Die beiden Arbeiten wurden als beste aus mehr als 800 Promotionsvorhaben ausgewählt, die im Jahr 2020 an Leibniz-Instituten abgeschlossen wurden. 

Dr. Pola Lehmann (37) vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) hat in ihrer Dissertation die Repräsentation politischer Präferenzen in Plenardebatten untersucht. Am Beispiel der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien konnte sie zeigen, dass sich die Positionen der Parteien im Parlament im Vergleich zum Wahlkampf annähern: ein Ausdruck der Notwendigkeit, Kompromisse zu schließen, während im Wahlkampf der Wettbewerb dominiert. Damit entfernen sich die Parteien im Parlament inhaltlich von ihren Wählerinnen und Wählern. Für die einzelne Wählerin bzw. den einzelnen Wähler kann das eine Verschlechterung bedeuten, für die Gesamtheit der Wählerinnen und Wähler sieht das aber anders aus, denn der Kompromiss rückt die Parteien näher an den Medianwähler. In Kürze bedeutet das, dass sich die Summe der Distanzen zu allen Wählerinnen und Wählern verringert. Die Erkenntnisse basieren auf einem eigens für die Dissertation erstellten Datensatz mit mehr als 2.000 Beobachtungen zu Positionen der Parteien zu unterschiedlichen Zeitpunkten im politischen Prozess, der über die Arbeit hinaus eine wertvolle Quelle ist: Anhand der Wahlprogramme und Parlamentsreden bestimmte die Politikwissenschaftlerin die Positionen der Parteien zu den relevanten politischen Themenfeldern zwischen der 12. und 17. Legislaturperiode des Deutschen Bundestags mithilfe computergestützter Textanalyse. Laut WZB-Präsidentin Jutta Allmendinger setzt der methodische Ansatz neue Maßstäbe und sei für viele andere Disziplinen von Interesse. Außerdem stelle die Dissertation einen wichtigen Beitrag zu aktuellen Debatten, etwa um Wählerrepräsentation, dar.  

Pola Lehmann absolvierte den Diplomstudiengang Verwaltungswissenschaft an der Universität Potsdam. Schon während ihres Studiums arbeitete sie als studentische Hilfskraft am WZB, seit 2011 forscht sie dort als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung „Demokratie und Demokratisierung“. Ihre Promotion an der Humboldt-Universität zu Berlin schloss sie 2019 ab. Ihre wissenschaftliche Arbeit konnte Pola Lehmann bereits auf einschlägigen Tagungen präsentieren und in wichtigen Journalen wie dem European Journal of Political Research publizieren. Darüber hinaus ist sie eine gefragte Rednerin, Diskutantin und Moderatorin. So hielt sie etwa einen Impulsvortrag bei „version21: Jung, divers, weiblich: Wie repräsentativ kann der Bundestag sein?“ von z2x, ZEIT ONLINE und dem Futurium und moderierte die WZB-Debatte der Spitzenkandidatinnen und -kandidaten für die Berliner Abgeordnetenhauswahl 2021.  

Ausgewählte Publikationen:

Lehmann, Pola (2020): “Political Parties as Agents of Deliberative Representation. How Parties Change Positions When Moving between the Electoral Arena and the Parliamentary Arena.” Dissertation. Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin.

Lehmann, Pola/Zobel, Malisa (2018): "Positions and Saliency of Immigration in Party Manifestos. A Novel Dataset Using Crowd Coding". In: European Journal of Political Research, Vol. 57, No. 4, S. 1056-1083. (vorab online publiziert 08.02.2018.

Weitere Informationen zur Preisträgerin unter www.wzb.eu/de/personen/pola-lehmann  

Dr. med. Oana Patricia Zaharia (31) hat sich im Rahmen ihrer Promotion am Deutsches Diabetes-Zentrum - Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (DDZ) mit der Neugliederung der Diabetes-Klassifikation und deren Bedeutung für den Verlauf der Erkrankung beschäftigt. Sie bestätigte/validierte eine neuartige Form der Klassifikation der Krankheit, die fünf statt zwei verschiedener Typen unterscheidet. Dafür werden neben den klassischen Kriterien – Blutglukose und Inselzellantikörpern – einfach zu erhebende Faktoren wie das Alter bei der Diagnose oder die Körperfettmaße berücksichtigt. Außerdem wies die Medizinerin nach, dass bestimmte Gruppen von Erkrankten ein unterschiedliches Risiko für mögliche Folgeerkrankungen wie etwa die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung haben. Die Studie sei damit von überragender klinisch-praktischer Bedeutung für die Entwicklung der Präzisionsmedizin und leite einen Paradigmenwechsel ein, betonte der Wissenschaftliche Vorstand des DDZ, Michael Roden. Sie ermögliche erstmals, das Risiko für eine Erkrankung abzuschätzen und bilde die Grundlage für eine personalisierte Prävention sowie maßgeschneiderte Behandlung. Schon heute werden die Erkenntnisse der Arbeit in einigen universitären Zentren zur besseren Diagnostik herangezogen. Ihre Ergebnisse hat Oana Patricia Zaharia unter anderem im renommierten Journal The Lancet Diabetes & Endocrinology veröffentlicht und auf zahlreichen einschlägigen Tagungen präsentiert.  

Oana Patricia Zaharia stammt aus Rumänien, wo sie zunächst Humanmedizin studierte. Nach ihrer Approbation als Ärztin war sie von 2016 bis 2020 als ärztliche und wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am DDZ tätig. Im Jahr 2020 wurde sie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf promoviert. Seitdem arbeitet sie als Assistenzärztin in der Klinik für Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Düsseldorf und forscht als Gastwissenschaftlerin am DDZ. Im selben Jahr erhielt sie den Förderpreis der Deutschen Diabetes-Gesellschaft. Sie engagiert sich bei Veranstaltungen zur Prävention und Gesundheitsförderung und hält Vorträge vor Selbsthilfegruppen. 

Ausgewählte Publikationen:

Zaharia OP, Strassburger K, Strom A, Bonhof GJ, Karusheva Y, Antoniou S, Bódis K, Markgraf DF, Burkart V, Mussig K, Hwang JH, Asplund O, Groop L, Ahlqvist E, Seissler J, Nawroth P, Kopf S, Schmid SM, Stumvoll M, Pfeiffer AFH, Kabisch S, Tselmin S, Haring HU, Ziegler D, Kuss O, Szendroedi J, Roden M: Risk of diabetes-associated diseases in subgroups of patients with recent-onset diabetes: a 5-year follow-up study. Lancet Diabetes Endocrinol 2019;7:684-694.

Zaharia OP, Strassburger K, Knebel B, Kupriyanova Y, Karusheva Y, Wolkersdorfer M, Bódis K, Markgraf DF, Burkart V, Hwang JH, Kotzka J, Al-Hasani H, Szendroedi J, Roden M: Role of Patatin-Like Phospholipase Domain-Containing 3 Gene for Hepatic Lipid Content and Insulin Resistance in Diabetes. Diabetes Care 2020; 43:2161-2168. 

Weitere Informationen zur Preisträgerin im Internet unter www.researchgate.net/profile/Oana-Patricia-Zaharia 

Promotionspreis der Leibniz-Gemeinschaft

Der Promotionspreis der Leibniz-Gemeinschaft wird jährlich für die besten Doktorarbeiten aus Leibniz-Instituten in den Kategorien „Geistes- und Sozialwissenschaften“ und „Natur- und Technikwissenschaften“ vergeben. Die prämierten Arbeiten müssen sich neben einer herausragenden Bewertung durch eine fächerübergreifende Bedeutung, einen Anwendungsbezug und Publikation in Fachzeitschriften oder Präsentationen auf Fachkonferenzen auszeichnen. Er ist mit jeweils 5.000 Euro dotiert. Die Auswahl der Preisträgerinnen und Preisträger trifft die elfköpfige Leibniz-Preisjury, die aus Personen des öffentlichen Lebens und leitenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unter dem Vorsitz von Leibniz-Präsident Matthias Kleiner besteht, aus den Vorschlägen der wissenschaftlichen Sektionen der Leibniz-Gemeinschaft.

Hinweis: Die Verleihung der Leibniz-Promotionspreise 2021 war ursprünglich für Mitte November im Zuge der Jahrestagung der Leibniz-Gemeinschaft vorgesehen, musste aber wegen der Corona-Pandemie verschoben werden. 

Weitere Informationen

Leibniz-Promotionspreis

Eine digitale Broschüre mit Informationen zu allen Nominierten des Leibniz-Promotionspreises 2021 sowie zu ihrer Forschung ist online verfügbar unter www.leibniz-gemeinschaft.de/promotionspreis-2021  

Kontakt

Christoph Herbort-von Loeper
Pressesprecher Leibniz-Gemeinschaft
Tel.: 030 / 20 60 49 – 471
Mobil: 0174 / 310 81 74
herbort(at)leibniz-gemeinschaft.de