Mitochondrien in Bewegung
T-Zellen des Immunsystems bekämpfen Tumore, verlieren dabei jedoch allmählich an Kraft. Eingeschleuste Mitochondrien, die zwischen den Zellen übertragen werden, könnten ihnen frische Energie verleihen.
09/17/2024 · News · Leibniz-Institut für Immuntherapie · Lebenswissenschaften · Forschungsergebnis
Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Luca Gattinoni vom Leibniz-Institut für Immuntherapie (LIT) hat eine innovative Methode entwickelt, um Mitochondrien in T-Zellen des Immunsystems einzuschleusen. Dadurch können die T-Zellen besser gegen Tumorzellen kämpfen.
T-Zellen des Immunsystems können Tumore erkennen und angreifen. Wenn sie ihre Energie aufgebraucht haben und „erschöpft“ sind, können sie die Fähigkeit gegen Krebs zu kämpfen verlieren. Mitochondrien sind die wichtigste Energiequelle menschlicher Zellen und sie sind entscheidend für die Funktion von T-Zellen. Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass Mitochondrien von Zelle zu Zelle übertragen werden können. Erhalten T-Zellen neue Mitochondrien, wird ihre Energie wiederhergestellt, ihre Lebensdauer verlängert und ihre Fähigkeit Tumorzellen zu bekämpfen verbessert. Das könnte die Wirksamkeit von Immuntherapien steigern, bei denen genetisch modifizierte T-Zellen eingesetzt werden, um Krebs zu behandeln.
Mitochondrien-Transfer zur Krebsbekämpfung
Prof. Gattionis Team entdeckte, dass Mitochondrien von Knochenmarkszellen auf T-Zellen übertragen werden können. Hochauflösende Bildgebung zeigte, dass die Mitochondrien durch winzige Tunnel, sogenannte Nanotubes, wandern, die eine Brücke zwischen den Zellen bilden. T-Zellen, die Mitochondrien aufnahmen, bekämpften Tumore effizienter, vermehrten sich stärker, und zeigten weniger Anzeichen von Erschöpfung im Vergleich zu T-Zellen, die keine Mitochondrien aufnahmen. „Der Transfer von ganzen Mitochondrien ist als neue Technologie einzigartig. Dieser Prozess ist vergleichbar mit einer Organtransplantation – etwa Herz-, Leberoder Nierentransplantationen – aber er findet auf mikroskopischer Ebene statt, um die Funktion der T-Zellen zu verbessern“, erklärt Dr. Jeremy Baldwin, Hauptautor der Studie. „Dieser neue Ansatz könnte viele Probleme lösen, die die Wirksamkeit von T-Zell-Therapien bisher einschränken, wie die geringe Vermehrung der T-Zellen, ihre kurze Lebensdauer und das schlechte Eindringen in die Tumore“, fügt Prof. Gattinoni hinzu. Das Team wandte seine Mitochondrien-Transfertechnik erfolgreich auf eine Vielzahl von aktuellen T-Zell-Therapien zur Behandlung unterschiedlicher Krebsarten an.
Was sind die nächsten Schritte?
In Zukunft soll die neue Technologie auf klinisch relevante Zelldosen skaliert werden, so dass sie in den für die Behandlung von Patienten notwendigen Mengen verwendet werden kann. Außerdem müssen weitere Faktoren entschlüsselt werden, die den Mitochondrien-Transfer steuern.
Originalpublikation
Jeremy G. Baldwin, Christoph Heuser-Loy, Tanmoy Saha, Roland C. Schelker, Dragana Slavkovic-Lukic, Nicholas Strieder, Inmaculada Hernandez-Lopez, Nisha Rana, Markus Barden, Fabio Mastrogiovanni, Azucena Martín-Santos, Andrea Raimondi, Philip Brohawn, Brandon W Higgs, Claudia Gebhard, Veena Kapoor, William G. Telford, Sanjivan Gautam, Maria Xydia, Philipp Beckhove, Sina Frischholz, Kilian Schober, Zacharias Kontarakis, Jacob E. Corn, Matteo Iannacone, Donato Inverso, Michael Rehli, Jessica Fioravanti, Shiladitya Sengupta, Luca 3 Gattinoni. Intercellular nanotube-mediated mitochondrial transfer enhances T-cell metabolic fitness and antitumor efficacy. Cell, 2024. DOI:10.1016/j.cell.2024.08.029 https://doi.org/10.1016/j.cell.2024.08.029
Weitere Informationen und Kontakt
Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Immuntherapie (LIT)