Diamantenfieber

Schematische Darstellung von Defektzentren in Diamantnanostrukturen
Bild HU BERLIN/AG INTEGRIERTE QUANTENPHOTONIK

Forschende sind dem Quanteninternet einen Schritt nähergekommen. Zentral ist dabei der Einsatz künstlicher Diamanten.

11.04.2023 · HP-Topnews · Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik · Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften · Forschungsergebnis

Diamantmaterial ist von großer Bedeutung für Zukunftstechnologien wie das Quanteninternet. Spezielle Defektzentren können als Quantenbits (Qubits) genutzt werden und einzelne Photonen aussenden. Um eine Datenübertragung mit praktikablen Kommunikationsraten über weite Distanzen im Quantennetzwerk zu ermöglichen, müssen alle Photonen in Glasfasern eingesammelt und übermittelt werden, ohne verloren zu gehen. Dabei muss außerdem gewährleistet werden, dass diese Photonen alle die gleiche Farbe, also die gleiche Frequenz, haben. Dies war bisher unmöglich.

Forscher:innen der Arbeitsgruppe „Integrierte Quantenphotonik“ unter der Leitung von Prof. Dr. Tim Schröder an der Humboldt-Universität zu Berlin ist es weltweit zum ersten Mal gelungen, Photonen mit stabilen Photonenfrequenzen zu erzeugen und nachzuweisen, die von Quantenlichtquellen, oder, genauer gesagt, von Stickstoff-Fehlstellen-Defektzentren in Diamantnanostrukturen emittiert wurden. Dies wurde durch eine sorgfältige Wahl des Diamantmaterials, hochentwickelte Nanofabrikationsmethoden durchgeführt im Joint Lab Diamant Nanophotonik des Ferdinand-Braun-Instituts, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik und spezielle experimentelle Kontrollprotokolle ermöglicht. Durch die Kombination der Methoden kann das Rauschen der Elektronen, das bisher die Datenübertragung gestört hat, signifikant reduziert werden und die Photonen werden auf einer stabilen (Kommunikations-) Frequenz ausgesendet.

Zudem zeigen die Berliner Forscher:innen, dass man perspektivisch mit Hilfe der entwickelten Methoden die gegenwärtigen Kommunikationsraten zwischen räumlich getrennten Quantensystemen mehr als 1000-fach erhöhen kann, so dass sie einem zukünftigen Quanteninternet einen wichtigen Schritt näher gekommen sind.

Die Wissenschaftler:innen haben einzelne Qubits in optimierte Diamantnanostrukturen integriert. Diese Strukturen sind 1000-mal dünner als ein menschliches Haar und ermöglichen es, einzelne ausgesendete Lichtteilchen in Glasfasern gerichtet zu überführen. Bei der Herstellung der Nanostrukturen wird allerdings die Materialoberfläche auf atomarer Ebene beschädigt und freie Elektronen erzeugen unkontrollierbare Störungen für die erzeugten Lichtteilchen. Ein Rauschen, das vergleichbar ist mit einer unstabilen Radiofrequenz, führt zu Schwankungen in der Photonenfrequenz und verhindert somit erfolgreiche Quantenoperationen, wie beispielsweise Verschränkung.

Eine Besonderheit in dem genutzten Diamantmaterial ist, dass relativ viele Fremdatome (Stickstoff) in dem Kristallgitter vorhanden sind. Diese schirmen möglicherweise die Quantenlichtquelle von Störelektronen an der Oberfläche der Nanostruktur ab. „Die genauen physikalischen Prozesse müssen allerdings in Zukunft noch näher untersucht werden“, erklärt Laura Orphal-Kobin, die gemeinsam mit Prof. Dr. Tim Schröder an den Quantensystemen forscht. Unterstützt werden die Schlussfolgerungen aus den experimentellen Beobachtungen mit statistischen Modellen und Simulationen, die Dr. Gregor Pieplow aus der gleichen Forschungsgruppe gemeinsam mit den Experimentator:innen entwickelt und implementiert.

Originalpublikation

Laura Orphal-Kobin, Kilian Unterguggenberger, Tommaso Pregnolato, Natalia Kemf, Mathias Matalla, Ralph-Stephan Unger, Ina Ostermay, Gregor Pieplow, und Tim Schröder, "Optically Coherent Nitrogen-Vacancy Defect Centers in Diamond Nanostructures", Physical Review X (2023), DOI: 10.1103/PhysRevX.13.011042.

Weitere Informationen und Kontakt

Pressemitteilung des Ferdinand-Braun-Instituts (FBH)