Hightech-Forschung in der Lausitz

Visualisierung des geplanten Zentrums
Visualisierung DZA

In Sachsen entsteht ein Großforschungszentrum für Astrophysik. Es geht als eines von zwei Siegerprojekten aus einem Wettbewerb zur Strukturförderung hervor.

29.09.2022 · News · Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam · Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften · Projekte

Die Entscheidung im Wettbewerb „Wissen schafft Perspektiven für die Region“ ist getroffen: Mit dem Deutschen Zentrum für Astrophysik – Forschung. Technologie. Digitalisierung. (DZA) entsteht ein nationales Großforschungszentrum mit internationaler Strahlkraft, das ressourcensparende Digitalisierung vorantreibt, neue Technologien entwickelt, für Transfer sorgt und Perspektiven für die Region schafft – fest verwurzelt in der sächsischen Lausitz.

Das DZA ist eine gemeinsame Initiative der Astronomie und Astroteilchenphysik in Deutschland. Zur Initiative gehören viele namhafte Wissenschaftler unterstützt von den großen deutschen Wissenschaftsorganisationen. Die Standorte werden in Görlitz und im Kreis Bautzen sein. Nach der Aufbauphase ist in der Endausbaustufe eine jährliche Förderung von rund 170 Millionen Euro vorgesehen, im Zentrum selbst werden mehr als 1.000 Mitarbeitende beschäftigt sein.

Federführend für die Initiative und designierter Gründungsdirektor des DZA ist der wissenschaftliche Direktor der Europäischen Weltraumorganisation ESA Prof. Dr. Günther Hasinger. „Dieser Wettbewerb eröffnete neue Perspektiven, für die Regionen in Sachsen und für unsere Gesellschaft – ein wichtiges Zeichen der Zukunft in einer schwierigen Zeit. Nach einem eineinhalbjährigen anspruchsvollen Verfahren, in dem unser Konzept auf Herz und Nieren geprüft wurde, sind wir glücklich, dass wir unser Vorhaben jetzt umsetzen können. Die sächsische Lausitz ist aus vielen Gründen ein idealer Ort dafür“, so Hasinger. „Wir danken allen, die uns unterstützt haben und freuen uns auf die künftige Zusammenarbeit“, so Hasinger weiter. Prof. Dr. Matthias Steinmetz, Mitantragsteller und Sprecher des Vorstandes vom Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP), ergänzt: „Die Astronomie war schon immer eine Hightech-Wissenschaft. Die technologischen Herausforderungen, an deren Lösung das DZA arbeiten wird, bieten vielfältige Anknüpfungspunkte für die regionale Wirtschaft von kleinen Unternehmen bis hin zu großen Industrien.“ 

Wissenschaft mit Impact

Gleitsichtbrillen, Ceranfelder, wesentliche Bestandteile von Mobiltelefonen, Navi oder schnelle elektronische Banküberweisungen via Satellit – das alles gibt es dank astronomischer Forschung. Zurzeit erlebt Astrophysik einen wahren „Boom“. Die Hälfte der Physik-Nobelpreise im vergangenen Jahrzehnt betrafen Astronomie, Astrophysik und Astroteilchenphysik. Astronomische Messungen unterscheiden sich dabei heute grundlegend von der Astronomie früherer Zeiten. Moderne Teleskope sind riesige Anlagen, auf der ganzen Welt verteilt, an denen internationale Kooperationen arbeiten. Sie befinden sich im chilenischen Hochland, den Weiten Australiens und tief im Eis der Antarktis. Für sie sind genaueste Messtechniken notwendig und die Daten, die neue Observatorien sammeln werden, machen ein Vielfaches des heutigen Internets aus. Diese Daten aus aller Welt sollen künftig in Sachsen zusammenlaufen, der größte zivile Datensatz der Welt entsteht. Das DZA steht damit vor Herausforderungen, die auch gesellschaftlich relevant sind. Prognosen sagen voraus, dass die IT bald 20 Prozent der globalen Stromproduktion verschlingen wird. Das DZA will sich diesen Herausforderungen annehmen, Green Computing und die ressourcensparende Digitalisierung vorantreiben und neue Technologien für die Gesellschaft von morgen entwickeln. 

Perspektiven für die Region

Viele Beispiele zeigen: Astronomische Forschung verändert Regionen nachhaltig. Mit seiner einzigartigen Kombination von Forschung und Entwicklung in der IT, Sensortechnik und Materialforschung und seinem Bedarf an Fertigungsstätten wird das DZA ökonomische Impulse setzen und mindestens 3.000 zukunftsfähige Arbeitsplätze am Zentrum und im Umfeld schaffen. Das Portfolio des DZA ist vielfältig, es bietet Jobs im wissenschaftlichen, aber noch deutlich mehr im nicht-wissenschaftlichen Bereich. Mit einem Zentrum für Innovation und Transfer (ZIT) geht das DZA dabei neue Wege der Zusammenarbeit von Forschung und Wirtschaft. Durch frühzeitige, enge Kooperationen mit Industrie, Universitäten und außeruniversitären Forschungsorganisationen sollen gemeinsam neue Technologien entwickelt werden. Durch internationale Sichtbarkeit und Vernetzung will das DZA Fachkräfte anziehen und Perspektiven für junge Menschen in der Region schaffen. Kooperationspartner sind die Universitäten, allen voran die TU Dresden, und Unternehmen in der Technologieentwicklung und der Datenverarbeitung. Auch mehr als 50 – in der Mehrzahl kleine und mittelständige – Firmen haben die Initiative des DZA unterstützt. Für den Wissenschaftsstandort Deutschland ist seine Gründung zudem von strategischer Bedeutung. Das DZA wird für die deutsche Wissenschaft den Zugang zu zukünftigen internationalen Großprojekten gewährleisten und so auch der Industrie Möglichkeiten sich an Ausschreibungen zu beteiligen eröffnen. 

Standorte

Seismische Wellen durchlaufen den Erdboden permanent. Für Gravitationswellendetektoren sind sie erhebliche Störfaktoren. Auch zur Entwicklung von Mess- und Produktionstechnologien sind besonders ruhige geologische Bedingungen notwendig. Die einzigartigen seismographischen Bedingungen im Granitgestein der Lausitz wird das DZA für seine Forschung und Entwicklung neuer Geräte nutzen. Hier soll in einem Bereich zwischen Hoyerswerda, Bautzen und Kamenz ein Untergrund-Forschungslabor, das Low Seismic Lab, entstehen, das auch für Industrieanwendungen, etwa die Entwicklung von Quantencomputern, zur Verfügung steht.

Die Stadt Görlitz ist aufgrund ihrer Nähe zu den Universitätsstädten Dresden, Wrocław und Prag und durch die vielversprechenden Neuansiedlungen im Innovations- und Hochtechnologiesektor ein hervorragender Standort für das DZA. Hier ist ein offener Campus für Spitzenforschung auf dem Kahlbaum-Areal geplant, eingebettet in die Stadt, mit den Zentren für Astrophysik und Datenwissenschaften, dem Technologiezentrum und dem Zentrum für Innovation und Transfer. Teil des Konzepts ist zudem ein Besucherpark. 

Aufbauphase

Die Förderung sieht eine dreijährige Aufbauphase vor, bevor das Zentrum formal gegründet werden kann. Die TU Dresden wird die Projektträgerschaft in diesem Zeitraum übernehmen und darüber hinaus mit ihrer fachlichen Expertise im Themenfeld Data Analytics, Künstliche Intelligenz und High Performance Computing eingebunden sein. Ein Planungsteam soll zeitnah mit Büros am Kahlbaum-Areal in Görlitz und zum Low Seismic Lab im Landkreis Bautzen starten.

Weitere Informationen und Kontakt

Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP)