Im Auge des Sturms

Satellitenansicht des Taifuns "Mangkhut"
Foto NASA WORLDVIEW

An Land richten Taifune erhebliche Schäden an. Doch auch auf dem Meer sorgen extreme Stürme für gravierende Veränderungen, wie neue Daten belegen.

22.02.2022 · News · Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde an der Universität Rostock · Umweltwissenschaften · Forschungsergebnis

Im September 2018 geriet eine Expedition im Rahmen des deutsch-chinesischen Projekts MEGAPOL unter den Einfluss des Supertaifuns „Mangkhut“. Dabei gelang es, einzigartige Datensätze zum Nährstoffbudget in dem betroffenen Teil des Südchinesischen Meeres zu erheben. Es wurde deutlich, dass nicht nur an Land, sondern auch auf dem Meer von dem Supertaifun gravierende Veränderungen ausgelöst wurden: Aus tieferen Wasserschichten wurden enorme Nährstoffmengen in das Oberflächenwasser eingemischt, wo sie das Wachstum des Phytoplankton in wenigen Wochen verdreifachten. Besonders ausgeprägt konnte der Taifun seine Wirkung im Übergang von der Tiefsee zum flachen Küstenozean entfalten.

Die Zerstörungskraft von Taifunen ist an Land unübersehbar. Ihre Zugbahnen zeichnen sich als Schneisen der Verwüstung in der Landschaft ab. Aber was geschieht unter Wasser bei solchen Extremereignissen? Im September 2018 passierte ein so genannter Super-Taifun mit Windgeschwin-digkeiten von annähernd fast 200 Kilometern pro Stunde das Südchinesische Meer und sorgte in der Umgebung von Hongkong für gewaltige Schäden. Ein Team von Wissenschaftler:innen des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) befand sich zu dieser Zeit an Bord des chinesischen Forschungsschiffes HAI YANG DI ZHI SHI HAO. Sie waren im Rahmen des deutsch-chinesischen Forschungsprojektes MEGAPOL unterwegs, in dem die Auswirkungen von Megacitys auf die ihnen vorgelagerten Seegebiete untersucht werden. Das dafür geplante Stationsprogramm, auf dem neben Strömungs-, Temperatur-, Salzgehalts- und Sauerstoffmessungen auch Proben zur Bestimmung des Nährstoffgehaltes genommen wurden, erstreckte sich vom Schelfbereich über die Schelfkante bis in die Tiefseebereiche des Südchinesischen Meeres. Teile des Stationsplans lagen unmittelbar in der Zugbahn des Super-Taifuns, der unter dem Namen „Mangkhut“ in die Annalen einging. Als Mangkhut das Gebiet erreichte, hatten die Warnemünder Wissenschaftler:innen bereits mit ihrer Arbeit begonnen. Dieser Umstand ermöglichte einen einzigartigen Vorher- / Nachher-Vergleich.

Die Ergebnisse der Hydrodynamik- und Nährstoffanalysen veröffentlichten die Forschenden nun in der internationalen Fachzeitschrift Journal of Geophysical Research: Biogeosciences. „Die größten Veränderungen fanden in den oberen 100 m des Wasserkörpers statt“, berichtet Erstautor Joachim Kuss, Meereschemiker am IOW. „Die vor dem Taifun gemessenen Werte änderten sich alle drastisch.“ Um die Nährstoffsituation umfassend zu verstehen, wurden sowohl die anorganischen Nährstoffe Nitrat / Nitrit, Phosphat und Silikat, als auch partikulärer organischer Kohlenstoff und Stickstoff, gelöster organischer Kohlenstoff, sowie der Gesamtgehalt an gelöstem Stickstoff, Sauerstoff, Chlorophyll und Schwebstoffe analysiert. Die Analysen fanden im Warnemünder Labor statt.

Generell waren die Auswirkungen auf dem Schelf und an der Schelfkante deutlich größer als in den Tiefseebereichen. Im Allgemeinen wurden einerseits durch den extremen Frischwasserabfluss vom Land, andererseits durch Auftriebsereignisse Nährstoffe in enormen Mengen in das Oberflächenwasser eingemischt, was dort nicht nur unmittelbar das Algenwachstum ankurbelte, sondern diese Algenblüten auch für einige Wochen aufrecht erhielt.

Die Auswirkungen von Taifunen im Meer lassen sich meist gut über Satelliten erfassen, die allerdings nur die obersten Meter des Oberflächenwassers abbilden. Durch die Anwesenheit des Warnemünder Teams in dem vom Taifun betroffenen Gebiet konnten einzigartige Daten auch aus tieferen Wasserschichten gewonnen werden, die eine viel bessere Bilanzierung erlauben. So ließ sich anhand der Daten auch eine Kohlenstoff-Bilanz der durch die Vermischungsprozesse ausgelösten enormen Algenblüten errechnen.

Joachim Kuss fasst zusammen: „Mangkhut hat im Vergleich zur normalen Situation fast zu einer Verdreifachung der Primärproduktion geführt. Eventuelle Hoffnung, dadurch so viel CO2 zu binden, dass sich ein positiver Begleiteffekt auf das Klima ergeben könnte, müssen wir jedoch enttäuschen: Wir gehen davon aus, dass sich die durch Mangkhut ausgelöste CO2-Bindung und -Emission die Waage hielten.“

Publikation

Kuss, J., Frazão, H. C., Schulz-Bull, D. E., Zhong, Y., Gao, Y., & Waniek, J. J. (2021): The impact of typhoon “Mangkhut” on surface water nutrient and chlorophyll inventories of the South China Sea in September 2018, Journal of Geophysical Research: Biogeosciences, 126. 

Weitere Informationen und Kontakt

www.io-warnemuende.de