Prävention und wie man sie messen kann

Extremistische Gewalt bekämpfen, bevor sie entsteht – das ist das Ziel der Extremismusprävention. Doch wie lassen sich präventive Maßnahmen evaluieren? Eine neue Reportreihe liefert Antworten und Materialien.

24.10.2022 · News · Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung · Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Raumwissenschaften · Forschungsergebnis

Das Projekt PrEval stellt seine Ergebnisse als Reportreihe Open Access zur Verfügung. Von 2020–2022 hat der vom Bundesministerium des Innern und für Heimat geförderte Verbund Evaluationsbedarfe und -kapazitäten der deutschen Extremismusprävention erhoben. Mit Fachpraxis und Evaluationsakteuren wurden multimethodische Evaluationsdesigns an den Schnittstellen der Extremismusprävention zu Gewaltprävention und politischer Bildung entwickelt. Die Reporte bieten eine Orientierungshilfe für die praxisorientierte Durchführung von Evaluationen in der Extremismusprävention und richten sich an an Evaluationen Beteiligte, an Zuwendungsgeber, politische Entscheidungsträger:innen und die Wissenschaft.

Wie steht es um Evaluationsbedarfe und Evaluationskapazitäten in der deutschen Extremismus- und Radikalisierungsprävention? Wie weist man den Erfolg einer Maßnahme, eines Projekts oder Angebots nach und wie lassen sich die gewonnenen Erkenntnisse in Fachpraxis, Politik und Öffentlichkeit transferieren? Und wie kann das zu einer langfristigen Qualitätssicherung in der Extremismusprävention beitragen? Diesen Fragen hat sich in den vergangenen zwei Jahren das Verbundprojekt „PrEval – Evaluationsdesigns für Präventionsmaßnahmen“ gewidmet. Gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft, Präventionspraxis und Verwaltung wurde im Projekt deutschlandweit zu Fragen der Qualitätssicherung und wissenschaftlichen Begleitung von Evaluationen geforscht.

Mithilfe von Analyse-, Monitoring und Mapping-Formaten haben die Forschenden den Status quo erhoben sowie in mehreren Pilotstudien multimethodische Evaluationsdesigns entwickelt, die den dynamischen Rahmenbedingungen und Bedarfen im Feld gerecht werden können. Die Autor:innen des PrEval-Projekts stellen in zehn Reporten ihre Ergebnisse und Anwendungsbeispiele vor und formulieren Empfehlungen an Evaluierende, Evaluierte, Mittelgeber und Entscheidungsträger:innen, damit künftige Präventionsangebote und -projekte erfolgreicher evaluativ begleitet und gestaltet werden können.

Qualität dauerhaft sichern: Ressourcen vorhalten, Netzwerke und Dialog stärken, Neues erproben

Drei zentrale Feststellungen gehen aus dem Projekt hervor: (1) So divers die deutsche Präventionslandschaft, so divers auch ihre Bedarfe und Kapazitäten – und diesen müssen Evaluationsvorhaben und -methoden stets gerecht werden. (2) Das partizipative Vorgehen und der enge Austausch zwischen Evaluierenden, Evaluierten und Mittelgebern haben die Perspektiven auch für wissenschaftliche Begleitung erweitert. (3) Die Erfahrungen aus dem Umgang mit verschiedenen Extremismen müssen stärker in Wissensnetzwerken verzahnt werden, um Qualität und Erfolg von Präventionsangeboten und von Angeboten der politischen Bildung sichern und fördern zu können.

Vor dem Hintergrund des Modellcharakters zahlreicher Förderprogramme sowie der kurzen Projektlaufzeiten und Förderzeiträume empfehlen die Forschenden, Evaluationen stärker als bisher bereits von Beginn an einzuplanen, personelle wie finanzielle Ressourcen zu stärken sowie den Dialog zwischen allen Beteiligten sicherzustellen.
Angebote der Extremismusprävention und der politischen Bildung sind eingebettet in Hilfenetzwerke. So ist besonders das Zusammenspiel verschiedener – zivilgesellschaftlicher und staatlicher – Akteure und Institutionen gleichermaßen eine Chance, eine Notwendigkeit und eine Herausforderung, etwa bei den Themen Datenschutz, Vertraulichkeit und Geheimhaltung.

Die deutsche Präventionslandschaft und die vielfältige Landschaft der politischen Bildung sowie der Demokratieförderung diversifiziert und professionalisiert sich zusehends. Die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung sind hier nur ein Treiber. Auf diese Neuerungen müssen auch Evaluationen reagieren und sich anpassen können, so die Forschenden. Sie empfehlen den Einsatz flexibler Evaluationsmethoden und -ansätze sowie die Neuentwicklung passgenauer Instrumente, die die eigenen professionellen Standards der politischen Bildung berücksichtigten.

„Gute Evaluationen bedürfen eines hohen Investments in Zeit, Netzwerke und Finanzen. Die Mühen lohnen sich für alle Beteiligten, denn Lernen, Qualitätssicherung und Evaluation gehören zusammen, um die deutsche Präventions- und politische Bildungslandschaft in ihrer Vielfalt zu stärken und anpassungsfähig zu halten“, so Dr. Julian Junk (HSFK), Leiter des PrEval-Verbundes.

Weitere Informationen und Kontakt

Pressemitteilung des Leibniz-Instituts Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK)