Unter die Grasnarbe geschaut

Intro der Ausstellung
Foto PLZZO PHOTOGRAPHY

Dem Spannungsverhältnis von Bergbau und Umwelt widmet sich eine neue Ausstellung in Bochum. Installationen, Kunstwerke, Fotografien und Filme sollen zu einem reflektierten Umgang mit dem Thema anregen.

04.07.2022 · News · Deutsches Bergbau-Museum · Geisteswissenschaften und Bildungsforschung · Forschungsergebnis

Erstmals in der Geschichte des Deutschen Bergbau-Museums Bochum widmet sich eine Sonderausstellung dem Thema Umweltpolitik und Rekultivierung: „Gras drüber … Bergbau und Umwelt im deutsch-deutschen Vergleich“ möchte aus einer historischen Perspektive kommend zu einem reflektierten Umgang mit Umweltfragen in Gegenwart und Zukunft beitragen. Anhand der drei Bergbaureviere Ruhrgebiet, Lausitz und Wismut-Gebiete und der dort gewonnenen Bodenschätze werden Einblicke in die deutsch-deutsche Geschichte geboten. Die Sonderausstellung zeigt dabei auch Objekte, die erstmals in Museen präsentiert werden. Die Ausstellung wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert und ist vom 11. Juni 2022 bis zum 15. Januar 2023 im Museumserweiterungsbau DBM+ zu sehen. Der Eintritt zur Sonderausstellung kostet 3 Euro.

Die Sonderausstellung „Gras drüber … Bergbau und Umwelt im deutsch-deutschen Vergleich“ im Deutschen Bergbau-Museum Bochum will im wahrsten Sinne unter die Grasnarbe schauen. Sie beleuchtet drei Bodenschätze und zwei Staaten: den Steinkohlenbergbau in der BRD sowie in der DDR den Lausitzer Braunkohlentagebau und die Gewinnung von Uranerz in den Wismut-Gebieten. Dabei werden die wechselseitigen Verflechtungen auf politischer, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene dargestellt. „Gras drüber …“ ist Teil eines durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Verbundvorhabens zur Stärkung der DDR-Forschung.

Zwei Staaten – drei Reviere – eine Geschichte

Die Ausstellung beginnt „Hier und jetzt“ und empfängt die Besuchenden mit einer Foto- und Klanginstallation aus den drei renaturierten Landschaften sowie einer Gegenüberstellung von zwei Kunstwerken, mit denen das Spannungsverhältnis von Bergbau und Umwelt verdeutlicht wird. Es folgt ein Einblick in die ehemaligen Bergbaureviere anhand von Film- und Fotoaufnahmen. Weiter geht es im Ausstellungsbereich „Glückauf ohne Grenzen“, der neben den Grundlagen zu den drei Bergbausparten auch die Einflüsse auf die Umwelt und den Alltag der drei Reviere im Rückblick vermittelt. Auf Basis dieser Grundlagen geht die Reise dann in „Kein Zurück zur Natur“ in die Reviere nach dem Bergbau. Dieser Bereich führt in wissenschaftliche und politische Rahmenbedingungen ein, die geschaffen werden müssen, damit aus den Revieren Folgelandschaften als Natur aus zweiter Hand werden können. Die Ausstellung bietet dabei spannende Erkenntnisse in bislang wenig bekannte Forschungsvorhaben der BRD und der DDR und legt offen, dass Umweltschutz in Deutschland keine Erfindung des 21. Jahrhunderts ist. Deutlich wird dies im Teil „Auf zur Umweltunion“, in dem politische Entscheidungsprozesse in beiden Staaten ebenso erläutert werden wie Bewegungen aus der Bevölkerung heraus, die besonders ab den 1980er-Jahren zu einem Umdenken in der Politik geführt haben. Zum Abschluss der Ausstellung steht die Frage „Und nun?“, wobei Umweltpolitik, Proteste und Bergbau in Gegenwart und Zukunft anhand von Objekten mit hohem Gegenwartsbezug vermittelt werden.

„Unsere Arbeit an ‚Gras drüber ...‘ hat gezeigt, dass wir Haltungen und Thesen zu Bergbau und Umwelt im deutsch-deutschen Vergleich korrigieren und teilweise neu bewerten müssen. Mit ‚Gras drüber …‘ wollen wir unsere Forschungsergebnisse in die Öffentlichkeit tragen und sie mit den Besuchenden teilen. Diese Sonderausstellung zeigt damit auch die Aufgabe eines Leibniz-Forschungsmuseums: Wir übersetzen Forschung mit Exponaten in Bilder und unmittelbares Erleben und wollen mit unserem Tun einen Beitrag zu aktuellen gesellschaftlichen Themen bieten“, sagt Dr. Michael Farrenkopf, Deutsches Bergbau-Museum Bochum.

Vielfalt der Objekte

Gezeigt werden insgesamt rund 800 Objekte, die aus dem Montanhistorischen Dokumentationszentrum (montan.dok) sowie von rund 140 leihgebenden Institutionen stammen. Die Bandbreite reicht von Gemälden, Fotografien und Plakaten, Maschinenteilen und Modellen, Film- und Tonaufnahmen bis hin zu Objekten aus dem vergangenen Alltag in den Revieren und solchen mit hohem Gegenwartsbezug. In der Ausstellung werden einige Objekte erstmals überhaupt in einem Museum ausgestellt. Dazu gehören neben einer Replik der ältesten Jagdwaffen der Welt, den Schöninger Speeren, auch Leihgaben aus dem Privatbesitz von Rekultivierungswissenschaftler und GRÜNEN-Gründungsmitglied Wilhelm Knabe. Hervorzuheben ist ein originales Baumhaus aus dem Hambacher Forst, das dem Deutschen Bergbau-Museum Bochum für die Sonderausstellung von einer politisch aktiven Person übergeben wurde. Besonders in diesem Zusammenhang: Die Objektübergabe wurde durch die politisch aktive Person selbst initiiert und eng begleitet, mit dem Wunsch, durch die Ausstellung des Baumhauses über eine spezielle Form des widerständigen Lebens aufzuklären und gesellschaftliche Vorbehalte abzubauen. Das Baumhaus verbleibt nach der Ausstellung in den Musealen Sammlungen des montan.dok.

Weitere Informationen und Kontakt

Pressemitteilung des Deutschen Bergbau-Museums Bochum – Leibniz-Forschungsmuseum für Georessourcen (DBM)