Blutrot oder kreideweiß?

Foto TILO ARNHOLD/TROPOS

Derzeit wird in den Medien viel über den Saharastaub berichtet, der in Mitteldeutschland angeblich für besonders kräftige, rote Sonnenuntergänge sorgt. Ein weit verbreiteter Irrtum, so die Experten.

01.03.2021 · Umweltwissenschaften · Leibniz-Institut für Troposphärenforschung · News · Forschungsergebnis

Über den Saharastaub, der aktuell auch über Mitteldeutschland hinweg zieht, wird gerade viel in den Medien berichtet. Darunter findet sich oft die Behauptung, der Staub würde für besonders kräftige, rote Sonnenuntergänge sorgen. Das Gegenteil ist jedoch der Fall: Je mehr Staub in der Atmosphäre ist, umso mehr werden farbige Lichtanteile herausgefiltert. Übrig bleibt eine besonders blasse, weiße Sonne. Hier erklären wir dieses optische Phänomen.

Dr. Ulla Wandinger vom TROPOS lehrt seit über 20 Jahren Streutheorie und Atmosphärische Optik an der Universität Leipzig. Die Ursachen erklärt sie so: „Dass Saharastaub spektakuläre, farbige Sonnenauf- und -untergänge verursacht, ist ein weit verbreiteter Irrtum. Dafür sind die Staubpartikel schlicht zu groß. Mit einigen Mikrometern Durchmesser entsprechen sie etwa der Größe feiner Nebeltröpfchen. Wie diese streuen sie alle Farben gleich stark. Wenn das Sonnenlicht lange Wege durch die hochreichenden Staubschichten zurücklegt, entsteht wie im Nebel ein weißliches Licht. Auch die Sonne selbst ist beim Auf- und Untergang eher blass, weil aus ihrem Spektrum keine Farbe bevorzugt gestreut wird.

Farbige Sonnenuntergänge entstehen durch Streuung an Luftmolekülen und sehr kleinen Aerosolpartikeln, die beispielsweise aus Verkehrs- und Industrieabgasen entstehen und zehn- bis hundertmal kleiner sind als die Saharastaubkörnchen. Moleküle und kleine Partikel streuen blaues Licht sehr viel stärker als gelbes und rotes Licht. Das gestreute Licht, das wir als Himmelslicht sehen, erscheint blau. Das direkte Sonnenlicht verliert immer mehr Blauanteile, je länger die Strahlwege durch die Atmosphäre sind. Dadurch erscheint die Sonne am Horizont rot. Wolken und andere Objekte, die von der tief stehenden Sonne angestrahlt werden, leuchten dann ebenfalls rot.

Die Erscheinung des Sonnenauf- und -untergangs und die Farbvielfalt hängen aktuell immer davon ab, welche Art von Partikeln und Wolken sich gleichzeitig in der Atmosphäre befinden und wie sie sich in verschiedenen Höhenschichten verteilen. Oft überlagern sich die Farben verschiedener Streuprozesse, auch Absorption spielt eine Rolle. Spektakuläre Sonnenuntergänge können so beispielsweise durch Aerosolschichten in der Stratosphäre verursacht werden, die von Vulkanausbrüchen oder großen Waldbränden eingetragen werden. Wenn diese Schichten von der unter dem Horizont stehenden Sonne beleuchtet werden, vermischen sich rotes und blaues Streulicht zu faszinierenden Purpurfarben.“

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