Boni-Deckel verfehlt Ziel

Frankfurter Bankenviertel
Foto HERT NIKS/UNSPLASH

Trotz Boni-Obergrenze setzen Vorstände europäischer Banken weiterhin auf riskante Geschäfte – teils sogar stärker als zuvor.

14.02.2023 · HP-Topnews · Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle · Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Raumwissenschaften · Forschungsergebnis

Vor zehn Jahren beschloss das EU-Parlament, die flexible Vergütung von Bankmanagern zu deckeln. Doch die Obergrenze für Boni verfehlt ihr Ziel: Manager systemrelevanter europäischer Banken gehen unver­ändert hohe Risiken ein, zeigt eine Studie des Leibniz-Instituts für Wirt­schaftsforschung Halle (IWH).

Europas wichtigste Banken haben die Festgehälter ihrer Vorstände erhöht, nach­dem die Europäische Union (EU) die flexible Vergütung gedeckelt hatte. Mit der im Jahr 2013 beschlossenen Obergrenze für Bonus-Zahlungen wollte das Europäische Parlament den Anreiz für Bankmanager zu besonders riskanten Geschäften verrin­gern. Doch bleibt die Regulierung wirkungslos: Ökonomen des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) fanden keine Belege für verringerte Risiken im Kredit- und Kapitalmarktgeschäft nach Einführung des Bonusdeckels. Einen erhöh­ten Personalwechsel aus den Chefbüros hiesiger Banken in außereuropäische Geld­häuser oder andere Wirtschaftszweige, vor dem die Finanzindustrie gewarnt hatte, konnten die Forscher nur bei leistungsschwachen Banken feststellen.

Nach der weltweiten Finanzkrise hatte das EU-Parlament vor zehn Jahren die Regu­lierung durchgesetzt, um Exzessen im Finanzwesen Einhalt zu gebieten und so die Finanzstabilität zu erhöhen. Seitdem dürfen Boni maximal 200% des Fixgehalts aus­machen. Doch anders als erwartet nehmen Bankvorstände teils sogar höhere Risi­ken in Kauf, wenn leistungsbezogene Boni eine geringere Rolle spielen. Das zeigen gestiegene Risikoindikatoren. „Es wirkt wie eine Versicherung, wenn Banker unab­hängig vom Erfolg ihrer Arbeit entlohnt werden“, sagt Michael Koetter, Vizepräsident und Leiter der Abteilung Finanzmärkte am IWH. Er hat die Studie zusammen mit sei­nen IWH-Kollegen Stefano Colonnello und Konstantin Wagner verfasst. Koetters Fazit: „Der Bonusdeckel verfehlt sein Ziel. Man sollte ihn abschaffen, weil er bis dahin vorsichtige Banker dazu verleiten kann, mehr und sogar zu hohe Risiken einzugehen.“

Banker, die schwierige Entscheidungen bei der Abwägung von Chancen und Risiken treffen sollten dafür auch anreizkompatibel bezahlt werden sollten. „Eine Neid­debatte zu den Bezügen von Bankern ist dabei nicht förderlich. Sie dürfen viel ver­dienen, aber eben leistungsabhängig.“ Statt einer Deckelung sollte die Entlohnung aller Banker, auch unterhalb der Vorstandsebene, für die Öffentlichkeit transparenter werden, um eine Kontrolle zu erleichtern. Wie ein jüngst veröffentlichter Bericht der Europäischen Bankenbehörde EBA zeigt, ist die Zahl der Bankmanager, die pro Jahr eine Million Euro und mehr verdienen, zuletzt deutlich gestiegen.

Während frühere Studien zur Wirkung von Bonusdeckeln sich vor allem auf die USA und insbesondere auf Vorstandsvorsitzende konzentrierten, liefern Koetter, Colonnello und Wagner dank neuer Daten empirische Belege für das Handeln gesamter Vorstände europäischer Großbanken. Sie untersuchten 45 systemrelevante Geldhäuser mit insgesamt 130 Vorstandsmitgliedern drei Jahre vor und drei Jahre nach dem Be­schluss zum Bonusdeckel. Sie verglichen Bankmanager, deren Vergütung von der Neuregelung betroffen war und deshalb verändert werden musste, mit solchen, de­ren Entlohnung keiner Änderung bedurfte. Unter Berücksichtigung anderer Fakto­ren wie der europäischen Schuldenkrise oder der Basel-III-Regulation analysierten die Ökonomen die Erträge der Banken und setzten sie ins Verhältnis zu unterschied­lichen Risikoklassen. So konnten sie die Wirkung des Bonusdeckels identifizieren.

Publikation

Stefano Colonnello, Michael Koetter, Konstantin Wagner: Compensation Regulation in Banking: Executive Director Behavior and Bank Performance after the EU Bonus Cap, in: Journal of Accounting and Economics, im Erscheinen.

Weitere Publikation:

Konstantin Wagner: Bonusbeschränkung bei Banken: Das Ziel der Risikoverringerung wird nicht erreicht, in: IWH, Wirtschaft im Wandel, Jg. 25 (2), 2019, 32-34. Halle (Saale) 2019.

Weitere Informationen und Kontakt

Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH)