Kosmische Welle

Simulation kosmischer Strahlung
Bild SHALABY/AIP

Unser Planet ist einem ständigen Bombardement geladener Teilchen aus dem All ausgesetzt – der Ursprung dieser kosmischen Strahlung ist nicht restlos geklärt. Jetzt gibt es neue Erkenntnisse.

15.12.2023 · News · Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam · Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften · Forschungsergebnis

Forschende des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) haben eine neue Plasmainstabilität entdeckt, die unser Verständnis des Ursprungs der kosmischen Strahlung und ihrer dynamischen Auswirkungen auf Galaxien zu revolutionieren verspricht.

Zu Beginn des letzten Jahrhunderts entdeckte Victor Hess ein neues Phänomen, die kosmische Strahlung, für das er Jahre später den Nobelpreis erhielt. Er führte Ballonflüge in großer Höhe durch und stellte fest, dass nicht die Radioaktivität vom Erdboden die Atmosphäre ionisiert, sondern der Ursprung der Ionisation außerhalb der Erde liegt. In den folgenden Jahren wurde festgestellt, dass kosmische „Strahlen“ aus geladenen Teilchen aus dem Weltall bestehen, die fast so schnell wie das Licht sind, und keine Strahlung darstellen. Der Name „kosmische Strahlung“ überdauerte diese Erkenntnisse jedoch.

In der vorliegenden Arbeit haben Dr. Mohamad Shalaby, Wissenschaftler am AIP und der Hauptautor dieser Studie, und seine Kolleginnen und Kollegen numerische Simulationen durchgeführt, um die Flugbahnen vieler Teilchen der kosmischen Strahlung zu verfolgen und zu untersuchen, wie diese mit dem sie umgebenden Plasma aus Elektronen und Protonen wechselwirken. Als die Forschenden kosmische Strahlen analysierten, die von einer Seite der Simulation zur anderen flogen, entdeckten sie ein neues Phänomen, das elektromagnetische Wellen im Hintergrundplasma anregt. Diese Wellen üben eine Kraft auf die kosmischen Strahlen aus, die ihre Flugbahnen verändert.

Dieses neue Phänomen lässt sich am einfachsten verstehen, wenn man die kosmischen Strahlen nicht als einzelne Teilchen betrachtet, sondern als elektromagnetische Welle, in welcher diese kosmischen Teilchen gemeinsam schwingen. Indem diese Welle mit den Eigenschwingungen im Hintergrund wechselwirkt, werden sie verstärkt und es findet ein Energieübertrag statt. „Diese Erkenntnis erlaubt es uns, die kosmische Strahlung in diesem Zusammenhang als Strahlung und nicht als einzelne Teilchen zu betrachten, so wie es ursprünglich von Victor Hess angenommen wurde“, bemerkt Professor Christoph Pfrommer, Leiter der Abteilung Kosmologie und Hochenergie-Astrophysik am AIP. Eine gute Analogie für das Verhalten sind einzelne Wassermoleküle, die gemeinsam eine Welle bilden, die sich am Ufer bricht. „Dieser Fortschritt kam nur durch die Berücksichtigung kleinerer Skalen zustande, die bisher übersehen wurden, und stellt die Verwendung effektiver hydrodynamischer Theorien bei der Untersuchung von Plasmaprozessen in Frage“, erklärt Dr. Mohamad Shalaby.

Für die neu entdeckte Plasmainstabilität gibt es viele Anwendungen, unter anderem eine erste Erklärung für die Beschleunigung von Elektronen aus dem thermischen interstellaren Plasma zu sehr hohen Energien an Supernovaüberresten. „Diese neu gefundene Plasmainstabilität stellt einen Quantensprung in unserem Verständnis des Beschleunigungsprozesses dar und erklärt endlich, warum Supernovaüberreste im Radio- und Gammastrahlenbereich leuchten“, berichtet Mohamad Shalaby. Darüber hinaus öffnet diese bahnbrechende Entdeckung die Tür zu einem besseren Verständnis der grundlegenden Prozesse des Transports der kosmischen Strahlung in Galaxien, der bisher das größte Mysterium in unserem Verständnis der Entwicklung von Galaxien darstellt.

Weitere Informationen und Kontakt

Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP)