Rotierender Mammutzahn

Fossil vor der Kamera
Foto DIGITUS.ART/SENCKENBERG WEIMAR

Knochen einer ausgestorbenen Puma-Art, Elefantenzähne oder Zieselskelett: Ausgewählte Fossilien lassen sich nun als digitale, interaktive Objekte aus allen Perspektiven betrachten.

04.07.2023 · News · Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung · Lebenswissenschaften · Projekte

Im Rahmen eines durch das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft finanzierten Projektes wurden einmalige Fossilien aus der Typensammlung der Senckenberg Forschungsstation für Quartärpaläontologie Weimar digitalisiert. 120 3D-Modelle von ausgewählten Fossilpräparaten – fotogrammetrisch detail- und maßgenau in Echtfarben aufgenommen sowie anschließend visualisiert – stehen nun einer internationalen forschungsinteressierten Öffentlichkeit zur Verfügung.

Mit wenigen Räumen hat vor 61 Jahren alles begonnen – heute ist die Senckenberg Forschungsstation für Quartärpaläontologie in Weimar eine weltweit führende, hochmoderne Wissenschaftseinrichtung und beherbergt die umfangreichste und vielfältigste quartärpaläontologische Sammlung Europas. Die Weimarer Wissenschaftler*innen forschen weltweit – von der Arktis und Alaska über China, Indien und Georgien bis hin nach Israel, Deutschland und Spanien. Dabei beschäftigen sie sich mit der Entwicklung der Tier- und Pflanzenwelt im Quartär – der Zeitspanne der letzten etwa 2,6 Millionen Jahre bis heute –, der Rekonstruktion von Paläoökosystemen, der natürlichen Klimavariabilität und der zunehmenden Einflussnahme des Menschen.

„Über 84.000 Funde, Präparate und Serien lagern – dreifach staubgeschützt und akribisch in digitalen Datenbanken erfasst – in unseren hunderten passgenau angefertigten Sammlungsschränken“, erläutert der vor einem Jahr in den Ruhestand verabschiedete Leiter der Senckenberg Forschungsstation für Quartärpaläontologie in Weimar Prof. Dr. Ralf-Dietrich Kahlke und fährt fort: „Davon sind zahlreiche Präparate sogenannte Typusexemplare, also weltweit einzigartige Fossilfunde, anhand derer neu entdeckte Tier- und Pflanzenarten erstmals verbindlich definiert werden.“

Die Typen oder Typusexemplare sind dementsprechend für die internationale Forschung von höchster wissenschaftlicher Bedeutung. Sie bilden die Grundlage transregionaler bis kontinentübergreifender paläontologischer und paläoökologischer Forschungen. Die Typen-Fossilien aus Weimar – von Knochen einer erst kürzlich entdeckten, ausgestorbenen eurasischen Puma-Unterart über Zähne von Südelefanten und Steppenmammuten bis hin zu einem komplett überlieferten Zieselskelett – wurden nun im Rahmen eines durch das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft finanzierten Projektes fotogrammetrisch detail- und passgenau in Echtfarben digitalisiert sowie anschließend visualisiert. „Mittels diverser Tools können die interaktiven Objekte aus allen Perspektiven betrachtet und um definierte Achsen rotiert werden. Auch die Vergrößerung beliebiger Oberflächendetails ist möglich, ebenso eine äußerst präzise Vermessung von individuell definierbaren Messstrecken im dreidimensionalen Raum. Zudem wurden Datensätze erstellt, aus denen im 3D-Druckverfahren maßgetreue Reproduktionen für Forschungs-, Lehr- und Ausstellungszwecke hergestellt werden können“, erklärt der Technisch-Konservatorische Leiter der Forschungsstation John-Albrecht Keiler und weiter: „Bei Untersuchungen des einzigartigen und somit äußerst wertvollen Typus-Materials muss zukünftig nicht mehr in jedem Fall am empfindlichen Original gearbeitet werden, da vermessbare, originalgetreue Digitalisate zur Verfügung stehen.“

Den Nutzer*innen der 3D-Modelle wird zudem über Permalinks ein direkter Zugriff auf die jeweiligen Erstbeschreibungen der Typen ermöglicht, soweit dies Urheber- und Nutzungsrechte derzeit zulassen. „In den nächsten Jahren möchten wir das 3D-Digitalisierungsprojekt fortführen, um das gesamte Typusmaterial aus den Weimarer Sammlungen virtuell nutzbar zu machen“, gibt Keiler einen Ausblick.

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Weitere Informationen und Kontakt

Pressemitteilung der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung (SGN)