Männer leisten weniger Pflegearbeit

Lesende alte Frau im Sessel
Foto CENTRE FOR AGEING BETTER/UNSPLASH

80 Prozent der Pflegebedürftigen werden hierzulande zuhause versorgt – meist von Frauen. In Ländern wie Schweden oder der Schweiz ist der Gender Care Gap kleiner. Was machen sie anders?

16.02.2024 · News · DIW Berlin - Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung · Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Raumwissenschaften · Forschungsergebnis

Ohne die informellen Pflegeleistungen von Frauen würde die Pflege in Deutschland zusammenbrechen. Täglich und wöchentlich pflegen Frauen Angehörige und andere pflegebedürftige Menschen hierzulande doppelt so häufig wie Männer. Da rund 80 Prozent der Pflegebedürftigen zuhause versorgt werden, bilden Frauen das Rückgrat der informellen Pflege in Deutschland. Dabei befindet sich Deutschland beim Gender Care Gap, dem Unterschied in der Pflege zwischen den Geschlechtern, im Mittelfeld der europäischen Länder. „Der Gender Care Gap ist in den Ländern kleiner, in denen mehr Geld für das formelle Pflegesystem ausgegeben wird“, sagt Peter Haan, Leiter der Abteilung Staat am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin).

In einer heute veröffentlichten Studie analysieren Johannes Geyer, Peter Haan und Mia Teschner den Gender Care Gap in der Pflege in 17 europäischen Ländern. Sie untersuchen, welche institutionellen, gesellschaftlichen und arbeitsmarktspezifischen Faktoren in einem Zusammenhang mit der Ungleichheit der informellen Pflege unter den Geschlechtern stehen. In Ländern mit einer größeren Geschlechterungleichheit und einer stärkeren Ungleichheit in der Erwerbsbeteiligung zwischen Männern und Frauen ist auch der Gender Care Gap größer. „Die Geschlechterungleichheiten in der informellen Pflege hängen mit Investitionen im Gesundheitswesen, dem Pflegesystem und den Strukturen des Arbeitsmarktes zusammen“, sagt Mia Teschner, wissenschaftliche Mitarbeiterin am DIW Berlin. „Je höher die Ausgaben für formelle Pflege in den Ländern sind, umso geringer ist der Gender Care Gap.“ Zudem weisen Länder mit geringer Ungleichheit zwischen den Geschlechtern, auch einen geringen Gender Care Gap aus.

Deutschland liegt im europäischen Vergleich bei den Ausgaben für formelle Pflege und der Geschlechterungleichheit im Mittelfeld. Auch der Gender Care Gap liegt etwa im Durchschnitt der europäischen Länder. Deutschland kann von den Ländern mit geringem Gender Care Gap wie Schweden oder Schweiz lernen und mehr in formelle Pflege investieren, um Angebot und Qualität zu erhöhen und um den Aufwand der Angehörigen für die informelle Pflege zu reduzieren. In einer klugen Mischung könnten die höheren Ausgaben für die formelle Pflege aus Steuern oder höheren Beiträgen zur Pflegeversicherung finanziert werden. Zudem könnte die Pflegeversicherung zu einer Bürgerversicherung ausgeweitet werden.

"Die Geschlechterungleichheiten in der informellen Pflege hängen mit Investitionen im Gesundheitswesen, dem Pflegesystem und den Strukturen des Arbeitsmarktes zusammen.“ Mia Teschner.

Um die Ungleichheit bei der Care Arbeit zu reduzieren, müssten zudem mehr Männer für die informelle Pflege mobilisiert werden. Dieses Ziel ist nur langfristig zu erreichen, wie die Erfahrungen beim Elterngeld zeigen: Die Unterschiede zwischen Männern und Frauen sind hoch. Entscheidend ist daher, dass die Ungleichheit zwischen Männern und Frauen auf dem Arbeitsmarkt reduziert wird. Dabei helfen kann eine Reform des Ehegattensplittings oder die Verbesserung der Betreuung von Kindern, die eine Vollzeiterwerbstätigkeit von beiden Eltern ermöglichen würde. Diese Instrumente könnten helfen, das langfristige Ziel einer gleichen Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern zu erreichen.

Studie

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