Hello Darkness
In unserer kosmischen Nachbarschaft wimmelt es nur so vor Galaxien. Manche von ihnen sind so lichtschwach, dass ihre Existenz erst kürzlich postuliert werden konnte.
03.04.2023 · News · Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam · Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften · Forschungsergebnis
Einem internationalen Team gelang mittels genauester kosmologischer Simulationen eine Vorhersage, die neues Licht auf unser Verständnis des Universums wirft: Mehrere lichtschwache Galaxien warten in der direkten Nachbarschaft der Milchstraße auf ihre Entdeckung.
Die Studie konzentriert sich auf ultra-diffuse Galaxien: Galaxien mit geringer Helligkeit und Massen von bis zu einer Milliarde Sonnen – etwa ein Tausendstel der Masse der Milchstraße –, die sich über eine Fläche von der Größe unserer Milchstraße erstrecken. Dadurch sind sie sehr lichtschwach und schwer zu beobachten, so dass sie nach wie vor kaum verstanden werden.
Die Forschenden glauben, dass die Lokale Gruppe, ein kleiner Galaxienhaufen, der derzeit etwa 60 bekannte Galaxien, darunter unsere Heimatgalaxie, die Milchstraße, und Andromeda, umfasst, die besten Aussichten auf weitere Entdeckungen bietet. Obwohl bisher nur zwei ultra-diffuse Galaxien in der Lokalen Gruppe bekannt sind, geht das Team davon aus, dass die Kenntnis der Gesamtzahl der ultra-diffusen Galaxien in der Lokalen Gruppe für unser Verständnis des Kosmos entscheidend ist.
Wie viele weitere lauern also in unserem kosmischen Hinterhof? Um das herauszufinden, haben die Forschenden modernste Simulationen unserer kosmischen Nachbarschaft untersucht. Die HESTIA-Simulationen, benannt nach der altgriechischen Göttin des Hauses, sind die genauesten und detailliertesten Simulationen der Milchstraße und ihrer unmittelbaren Umgebung, die es gibt. Die Simulationen sagen voraus, dass es in der Lokalen Gruppe bis zu 12 ultra-diffuse Galaxien geben könnte, die auf ihre Entdeckung warten. Auf der Grundlage einer Analyse der Eigenschaften der ultra-diffusen Galaxien in den HESTIA-Simulationen vermutet das Team, dass mehrere dieser Galaxien mit Hilfe bestehender Daten aus Durchmusterungen wie dem Sloan Digital Sky Survey direkt beobachtbar sein könnten.
Die Entdeckung dieser neuen Galaxien könnte weitreichende Auswirkungen auf unser Verständnis der Entstehung und Entwicklung von Galaxien haben. Aktuelle Modelle legen nahe, dass bis zur Hälfte der massearmen Galaxien im Universum ausgedehnt und diffus sein könnten; die meisten von ihnen werden mit den derzeitigen technischen Möglichkeiten nicht beobachtbar sein. Da die Anzahl der Galaxien im Universum eine wichtige Vorhersage verschiedener kosmologischer Modelle ist, könnte die Größe der Population ultra-diffuser Galaxien in der Lokalen Gruppe dazu dienen, einige dieser Modelle zu widerlegen.
Die Studie mit dem Titel „The undiscovered ultra-diffuse galaxies of the Local Group“ (Die unentdeckten ultra-diffusen Galaxien der Lokalen Gruppe) erscheint am 30. März in The Astrophysical Journal Letters.
Originalpublikation
Newton, O., Cintio, A.D., Cardona-Barrero, S., Libeskind, N.I., Hoffman, Y., Knebe, A., Sorce, J.G., Steinmetz, M., Tempel, E. (2022). The undiscovered ultra-diffuse galaxies of the Local Group. ApJL 946 L37
https://doi.org/10.3847/2041-8213/acc2bb
https://arxiv.org/abs/2212.05066
Weitere Informationen und Kontakt
Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP)