Quo Vadis, Handwerk?

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Das Handwerk befindet sich in der Krise. Das hat viele Gründe: gestiegene Zinsen, hohe Energie- und Rohstoffpreise – und den Fachkräftemangel.

12.07.2023 · News · HP-Topnews · RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung · Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Raumwissenschaften · Forschungsergebnis

Die realen Umsätze des deutschen Handwerks lagen 2021 und 2022 um jeweils rund 10 Prozentpunkte unter denen der Gesamtwirtschaft. Auch die Erwerbstätigkeit entwickelte sich schlechter. Vor allem die gestiegenen Zinsen sowie die hohen Energie- und Rohstoffpreise machten dem Handwerk zu schaffen. In diesem Jahr dürfte sich die Lage etwas entspannen, über 2023 hinaus ist dann wieder eine etwas positivere reale Entwicklung des Handwerks zu erwarten. Der Fachkräftemangel bleibt dann allerdings eine große Herausforderung. Zu diesen Ergebnissen kommt der aktuelle Handwerksbericht des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung.

Das Wichtigste in Kürze:

  • In den Jahren 2021 und 2022 sind die nominalen Umsätze des deutschen Handwerks weniger stark gestiegen als die der Gesamtwirtschaft. Real schnitt das Handwerk sogar um jeweils rund 10 Prozentpunkte schlechter ab, wobei die einzelnen Handwerksgruppen unterschiedlich stark betroffen waren. Im Jahr 2020 hatte das Handwerk seine Umsätze real noch um 2,1 Prozent steigern können, womit es um knapp 5 Prozentpunkte besser abgeschnitten hatte als die Gesamtwirtschaft.
     
  • Auch die Erwerbstätigkeit blieb im Handwerk hinter der Gesamtwirtschaft zurück. In den Jahren 2020 bis 2022 stieg sie gesamtwirtschaftlich um 0,6 Prozent leicht an, während sie im Handwerk um 2,3 Prozent zurückging.
     
  • Im Jahr 2022 konnten von den Gewerbegruppen nur das Gesundheitsgewerbe und die Handwerke für den sonstigen privaten Bedarf ein reales Umsatzplus erwirtschaften (1,5 bzw. 6,3 Prozent). Die Umsätze des gesamten Handwerks gingen hingegen real um 5,3 Prozent zurück. Einer nominalen Umsatzsteigerung um 8,9 Prozent standen dabei gestiegene Verkaufspreise in Höhe von 14,2 Prozent für Handwerksleistungen gegenüber.
     
  • Im Jahr 2023 dürften sich die Energiemärkte beruhigen, die Lieferketten weiter normalisieren und die Materialengpässe abnehmen. Die Inflation wird voraussichtlich langsam zurückgehen. Das Handwerk dürfte sich daher leicht erholen und die nominalen Handwerksumsätze um ca. 5 Prozent steigen, es wird sich voraussichtlich aber erneut schwächer als die Gesamtwirtschaft entwickeln, wobei die realen Handwerksumsätze wohl wieder sinken werden. Auch die Erwerbstätigkeit dürfte weiter zurückgehen.
     
  • Über 2023 hinaus ist dann mit einer etwas positiveren realen Entwicklung des Handwerks zu rechnen. Dann werden allerdings auch die großen Herausforderungen, vor denen das Handwerk steht – Bindung und Gewinnung von Fachkräften, Steigerung der Innovationsfähigkeit der Handwerksbetriebe – wieder stärker in den Fokus rücken.

Zur künftigen Entwicklung des deutschen Handwerks sagt RWI-Wissenschaftler Jochen Dehio: „Gestiegene Zinsen, Energie- und Rohstoffpreise haben das Handwerk hart getroffen. Die Lage beginnt sich zwar aufzuhellen, der Fachkräftemangel dürfte aber auch in den kommenden Jahren eine große Herausforderung bleiben.“

Weitere Informationen und Kontakt

Pressemitteilung des RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung