Des Virus Kern

Das Vaccinia-Virus gilt als der Prototyp des Pockenvirus, doch über seine Struktur ist wenig bekannt. Nun gibt es neue Erkenntnisse, die auch helfen könnten, andere Pockenviren besser zu verstehen.

12.03.2024 · News · Leibniz-Institut für Virologie · Lebenswissenschaften · Forschungsergebnis

Das Vaccinia-Virus gilt als der Prototyp des Pockenvirus. Dieses Virus wurde in den 1970er Jahren als Lebendimpfstoff zur Ausrottung der Pocken eingesetzt - die Struktur des reifen Virus ist jedoch nur unzureichend bekannt. Die Abteilung von Professor Kay Grünewald hat zusammen mit Kolleg:innen einige wichtige Erkenntnisse über die Zusammensetzung und Struktur des Kerns dieses Pockenvirus gewonnen. Ihre Ergebnisse wurden in Nature Structural & Molecular Biology veröffentlicht.

Das aus rund 200 Proteinen bestehende Vaccinia-Virus ist aufgrund seiner asymmetrischen Form, seiner Größe und seiner Kompaktheit für die Forschenden schwierig zu untersuchen. „Durch die Kombination von Kryo-Elektronentomographie unter nativen Bedingungen in der Kryo-EM-Anlage des CSSB mit Subtomogramm-Mittelung und AlphaFold2 konnten wir höher aufgelöste Substrukturen des Vaccinia-Kerns erhalten und so neue strukturelle Erkenntnisse gewinnen“, erklärt Emmanuelle Quemin, eine der korrespondierenden Autor:innen der Arbeit.

Der erste Schritt des Replikationszyklus von Vaccinia ist die Fusion des reifen Virus beim Eintritt in die Zelle und die anschließende Freisetzung des Viruskerns in das Zytoplasma. Der Virenkern enthält die für die Replikation notwendige DNA des Virus.  Da die Freisetzung des Viruskerns ein seltenes und schnelles Ereignis ist, untersuchten die Forschenden den Kern sowohl in situ, im zellulären Zytoplasma, als auch in vitro, unter Verwendung einer Version des Virus, dessen Membran durch Detergenzien entfernt worden war.

Die Forschenden untersuchten speziell die Palisade, eine dichte, ährenartige Schicht auf der Oberfläche des Virenkerns von Vaccinia. Sie stellten fest, dass es sich bei diesen ährenartigen Ausstülpungen oder Pfählen auf der äußeren Schicht der Palisade um dicht gepackte Trimere des Hauptkernproteins A10 handelt. „Man nahm an, dass die äußere Schicht der Palisade eine organisierte Gitterstruktur bildet“, erklärt Simon Corroyer-Dulmont, einer der Erstautoren der Studie. „Wir haben jedoch entdeckt, dass die Pfähle in Wirklichkeit eher zufällig organisiert sind und eine inhärente Flexibilität aufweisen.“

Die Entschlüsselung der Zusammensetzung der Vaccinia-Palisade trägt zum allgemeinen Verständnis von Pockenviren wie M-Pocken bei, die kürzlich einen Ausbruch verursacht haben.„Wir gehen davon aus, dass die von uns entdeckte Kernzusammensetzung der anderer Pockenviren mit epidemischem Potenzial ähnelt“, erklärt Kay Grünewald.

Publikation

Liu, J., Corroyer-Dulmont, S., Pražák, V. et al. The palisade layer of the poxvirus core is composed of flexible A10 trimers. Nat Struct Mol Biolhttps://doi.org/10.1038/s41594-024-01218-5.

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Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Virologie (LIV)