Malaria-Mücke bedroht Städte
Etwa 600.000 Menschen sterben jährlich an Malaria, die meisten von ihnen in ländlichen Gebieten. Doch nun bedroht eine invasive Mückenart auch die Städte.
08.05.2024 · News · Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin · Lebenswissenschaften · Forschungsergebnis
Malaria kommt vor allem in ländlichen Gebieten vor: Die Überträgermücke Anopheles bevorzugt saubere natürliche Gewässer, um ihre Eier abzulegen. Seit einigen Jahren breitet sich jedoch in Städten Subsahara-Afrikas Anopheles stephensi aus. Diese Anopheles-Art ist besonders anpassungsfähig, überdauert extrem hohe Temperaturen und Trockenheit und vermehrt sich sehr gut in Baugruben. „Malariaforschung und -bekämpfung muss deshalb in Zukunft auch die Städte einbeziehen“, sagt Prof. Dr. Jürgen May, Leiter des BNITM. „Sonst gefährden wir die Erfolge bei der Malariabekämpfung.“
Malaria ist nach wie vor eine der tödlichsten Infektionskrankheiten. Allein im Jahr 2022 starben weltweit mehr als 600.000 Menschen, schätzt die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Etwa 450.000 davon waren Kleinkinder unter fünf Jahren. Am stärksten betroffen sind Länder südlich der Sahara.
Sie stehen jetzt vor einer weiteren Herausforderung im Kampf gegen Malaria: Künftig könnte die Infektionskrankheit nicht nur ländliche, sondern zusätzlich urbane Regionen betreffen. Denn eine eingeschleppte Art der Überträgermücke Anopheles erobert die schnell wachsenden Städte: Anopheles stephensi ist im vergangenen Jahrzehnt von Südasien kommend nach Ostafrika vorgedrungen. In Dschibuti, Äthiopien, Sudan, Somalia und Kenia ist die Stechmücke laut WHO inzwischen fest etabliert. In Westafrika wurde sie ebenfalls nachgewiesen: 2020 in Nigeria und 2022 in Ghana.
Geringere Immunität in den Städten
Anopheles stephensi ist besonders anpassungsfähig. Ihre Larven überdauern Zeiten extrem hoher Temperaturen und großer Trockenheit. Setzt dann Regen ein, entwickeln sie sich problemlos zu erwachsenen Stechmücken. Diese können zwei Arten des Malaria-Parasiten übertragen: Plasmodium vivax und Plasmodium falciparum, den für den Menschen gefährlichsten Malaria-Erreger. Mit Anopheles stephensi könnten daher auch diese Malaria-Parasiten in die Städte in Subsahara-Afrika vordringen – und auf eine immunologisch eher naive Bevölkerung treffen. Das erhöht die Gefahr schwerer und tödlicher Verläufe, gerade bei Kleinkindern.
Gegen viele Insektizide ist Anopheles stephensi nach WHO-Angaben resistent. Außerdem legen die Stechmücken anders als andere Anopheles-Arten ihre Eier weniger in natürlichen Wasserquellen ab, wie Tümpel, Pfützen oder Sumpfgebiete. Sie bevorzugen Wassergruben, wie sie häufig auf Baustellen in den rasant wachsenden Städten Subsahara-Afrikas anzutreffen sind. Das haben Forschende in Äthiopien herausgefunden.
BNITM: Paradigmenwechsel nötig
„Die Invasion der Stechmücke Anopheles stephensi erfordert einen Paradigmenwechsel im Kampf gegen die Malaria“, sagt der Infektionsepidemiologe Jürgen May. „Bekämpfung, Erforschung und Forschungsförderung müssen nun auch mehr die Städte einbeziehen.“ Sämtliche Programme müssten um diese Perspektive erweitert werden, sowohl zur Bekämpfung der Stechmücken als auch der Malaria selbst.
Die WHO hat im vergangenen Jahr eine Initiative gestartet, um die Ausbreitung von Anopheles stephensi zu stoppen. Sie enthält Leitlinien zur Stechmückenüberwachung, -eindämmung und -beseitigung und zielt auf enge Kooperation und engen Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Stakeholdern. Das Rahmenprogramm der WHO und des UN-Habitats dient den Verantwortlichen in den Städten zudem als Leitfaden für die Malaria- und Stechmückenbekämpfung.
Prof. Dr. Jürgen May, Vorstandsvorsitzender am BNITM: „Das Vordringen der invasiven Malariamücke Anopheles stephensi nach Subsahara-Afrika kann die Menschen in städtischen Regionen vor existenzielle Probleme stellen“, so May. Sie bräuchten mehr denn je unsere Unterstützung.
Weitere Informationen und Kontakt
Pressemitteilung des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (BNITM)