Es steht nicht in den Sternen

Hände halten ein Handy
Foto GILLES LAMBERT/UNSPLASH

Nutzer bewerten Produkte im Internet immer großzügiger, zeigt eine Studie – bei gleichbleibender Qualität. Das Forschungsteam empfiehlt: lieber Texte lesen als der Zahl der Sterne vertrauen.

05.04.2024 · News · ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung · Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Raumwissenschaften · Forschungsergebnis

Die Sterne-Anzahl für Produkte in untersuchten Online-Shops stieg in den vergangenen Jahren an, wobei die Qualität der Produkte laut den zugehörigen Bewertungstexten gleich blieb. Bei Sterne-Bewertungen zeigt sich also eine Inflation. Dafür haben Forschende von ZEW Mannheim und der Stanford University über fünf Millionen Online-Produktrezensionen ausgewertet und die Texte inhaltlich mit den Sterne-Bewertungen abgeglichen.

„Von ehrlichen Bewertungen profitieren sowohl Konsumentinnen und Konsumenten als auch Anbieter. Auf Basis des Feedbacks können online Kaufentscheidungen für passende Produkte oder Dienstleistungen getroffen werden. Anbieter können auf Basis des Feedbacks ihre Angebote evaluieren. Beispielsweise bei Uber erhalten sowohl Fahrerinnen und Fahrer als auch die Fahrgäste Bewertungen“, erklärt Ko-Autorin Rebecca Janßen, Wissenschaftlerin im ZEW-Forschungsbereich „Digitale Ökonomie“. „Wenn jedoch Sterne-Bewertungen mit der Zeit immer besser werden, obwohl die Produktqualität nicht zunimmt, können Online-Bewertungssysteme unter Umständen ihre Funktion nicht mehr erfüllen, neuen Kundinnen und Kunden authentische Erfahrungswerte zu geben.“

Laien wie Experten vergeben öfter fünf Sterne

Die Studie unterscheidet die Rezensionen von Expertinnen und Experten sowie von Laien. Dabei stellt sie fest, dass die Experten-Rezensionen zwar inhaltlich zutreffender sind. Jedoch vergeben sie im Zeitverlauf genauso inflationär fünf Sterne wie Laien.

„Wir hätten erwartet, dass gerade Expertinnen und Experten nicht dazu tendieren, mehr Sterne zu vergeben. Andere User verlassen sich darauf, dass gerade sie verlässliche Rezensionen schreiben“, ordnet Janßen ein. „Deshalb raten wir sowohl Konsumentinnen und Konsumenten als auch Anbietern, sich nicht nur auf die Sterne-Anzahl zu verlassen, sondern auch die Texte zu lesen, um einen besseren Eindruck von Produkten und Dienstleistungen zu bekommen.“

Fünf Millionen Rezensionen ausgewertet

Die Studie untersucht am Beispiel des Online-Weinhändlers „Vivino“, wie sich die Bewertung von Produkten von 2014 bis 2020 verändert. Dafür wurden über fünf Millionen Rezensionen sowohl auf Basis der Sterne-Bewertung als auch auf Textbasis ausgewertet. Die Studie zeigt, dass die numerischen Bewertungen im Zeitablauf besser werden, während sich die Text-Bewertungen qualitativ kaum verändert haben. Die Studie unterscheidet dabei in Expertinnen und Experten sowie Laien. Experten sind definiert anhand der Anzahl an Followern, erhaltener Kommentare oder einer verfügbaren Webseite. Bei beiden Gruppen zeigt sich eine Bewertungsinflation in der Sterneanzahl.

Studie

In Vi(vi)no Veritas? Expertise, Review Accuracy and Reputation Inflation. ZEW Discussion Paper Nr. 23-075 // 2023

Weitere Informationen und Kontakt

Pressemitteilung des ZEW – Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung