Supraleitung auch bei hohen Temperaturen

Forschungsteam des "Superpuddles Lab"
Foto IFW DRESDEN/ R. UHLEMANN

Eine neue Methode könnte den Weg zum Quantencomputer ebnen: Gestapelte Cupratkristalle sorgen dabei für supraleitende Strukturen, die sich leichter kontrollieren lassen als bisher.

03.04.2023 · News · Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden · Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften · Forschungsergebnis

Hochtemperatursupraleiter sind besondere keramische Materialien, die in der Natur die stärksten Korrelationen zwischen Elektronen aufweisen. Diese Korrelationen beschreiben die gegenseitigen Wechselwirkungen der Elektronen in Paaren und sind die Grundlage für mögliche Anwendungen in der nächsten Generation von Computern. Im Gegensatz zu konventionellen Supraleitern spielt in einem stark korrelierten System diese Wechselwirkung zwischen den Elektronen eine wichtige Rolle. Bei den meisten schwach korrelierten Materialien wird ein supraleitender Zustand bei Temperaturen um -269°Celsius erreicht. Hochtemperaturleiter erreichen diesen Zustand jedoch bereits bei -196°Celsius, dem Siedepunkt des üblicherweise zur Kühlung verwendeten Stickstoffs, der auch ein Hauptbestanteil von Luft ist.

Seit etwa dreißig Jahren untersucht die Wissenschaft, wie diese starken Wechselwirkungen, bedingt durch die widerstandsfreie Leitfähigkeit, auch bei diesen - physikalisch betrachtet - hohen Temperaturen aufrechterhalten werden können. Inzwischen zeigen sich bei der Herstellung von Mikroprozessoren mit Supraleitern erste Erfolge, die die Grundlage für vielversprechende Anwendungen in der Quantentechnologie bilden. Die Verwendung von Hochtemperatursupraleitern ist bis heute jedoch ein Problem: Einige dieser Materialien sind Oxide und jede Wechselwirkung mit Wassermolekülen verschlechtert ihre leitenden Eigenschaften. Viele der chemischen Prozesse, die von Technologieunternehmen in Reinräumen zur Verarbeitung von Siliziumbauelementen verwendet werden, basieren jedoch auf Wassermolekülen und aggressiven Lösungen, was einen erheblichen Mehraufwand in der Herstellung erfordern würde. Darüber hinaus beeinträchtigt auch die Anwesenheit von Sauerstoff die Eigenschaften des Supraleiters. Dessen Moleküle neigen bei hohen Temperaturen dazu, ungewollte Bindungen mit der Struktur der Oxide einzugehen und diese durch Verunreinigungen zu beschädigen.

Ideale Eigenschaften durch kryogenes Stapelverfahren

Im Superpuddles Lab des Leibniz-Instituts für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden hat das Forschungsteam um Dr. Nicola Poccia nun ein Verfahren entwickelt, wie sich dünne Cupratkristalle - wie diese Art keramischer Supraleiter genannt werden - so zusammenfügen lassen, dass die dabei entstehenden Strukturen ihre idealen Eigenschaften für sensorische Anwendungen behalten und zudem vergleichsweise einfach zu kontrollieren sind. Das Team fand heraus, dass geeignete Grenzflächen zwischen den Kristallen entstehen, wenn die gezielte Stapelung der einzelnen Komponenten unter kryogenen Bedingungen erfolgt. Dieses Verfahren verhindert, dass zusätzliche Sauerstoffatome an den Grenzflächen des Supraleiters eingebaut werden und supraleitende Eigenschaften unterdrücken.
Außerdem ordneten die Forschenden die Strukturen nicht einfach nur vertikal an, sondern richteten diese in einem Winkel zueinander aus. Die zudem verkapselten Strukturen wiesen in den Untersuchungen eine deutlich höhere Stabilität auf. Für diese Herstellungsmethode wurde im Labor eigens eine neue Anlage errichtet: Unter Ausschluss von Wassermolekülen und ohne den Einsatz von Polymeren oder anderen Chemikalien, die die Eigenschaften des Hochtemperatursupraleiters beeinträchtigen würden, können hier einfache Schaltkreise zusammengesetzt werden.

Die verbesserte Kontrolle dieser so geschaffenen, dreidimensionalen Cupratstrukturen von wenigen Zehntel Nanometern soll es zukünftig ermöglichen, ganz neue elektronische Schaltkreise zu entwerfen. Diese könnten dann nicht nur für die Konzeption neuer Computeranwendungen dienen, sondern darüber hinaus die Wissenschaft in die Lage versetzen, dem Phänomen der Hochtemperatursupraleitung nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch auf den Grund zu gehen.

Originalpublikation

Yejin Lee, Mickey Martini, Tommaso Confalone, Sanaz Shokri, Christian N. Saggau, Daniel Wolf, Genda Gu, Kenji Watanabe, Takashi Taniguchi, Domenico Montemurro, Valerii M. Vinokur, Kornelius Nielsch, Nicola Poccia: Encapsulating High-Temperature Superconducting Twisted van der Waals Heterostructures Blocks Detrimental Effects of Disorder

https://doi.org/10.1002/adma.202209135

Weitere Informationen und Kontakt

Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden (IFW)