Wiederverwertbare Elektronik
Bei in Kunststoff eingebetteter Elektronik stellt Recycling eine besondere Herausforderung dar. Neue Materialien und Methoden sollen helfen, Technologien wiederverwertbar zu gestalten.
14.12.2021 · News · INM - Leibniz-Institut für Neue Materialien · Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften · Forschungsergebnis
Der Nachhaltigkeitsgedanke hat inzwischen Einzug in Entwicklung und Fertigung innovativer Produkte gehalten. Innovation bedeutet nicht mehr nur schneller, besser, günstiger, sondern auch sauberer, energieeffizienter und umweltfreundlicher, bis hin zum Ermöglichen von effizienterem Recycling. Im EU-geförderten Projekt ReIn-E, das im Januar 2022 in die zweite Halbzeit geht, entwickelt das INM – Leibniz-Institut für Neue Materialien (INM) zusammen mit Projektpartnern aus Forschung und Industrie Materialien und Methoden, um in Kunststoff eingebettete Elektronik wiederverwertbar zu machen.
Moderne Anwendungen von Elektronik erfordern eine immer weitere Miniaturisierung. Dies betrifft nicht nur die Elektronik selbst, sondern auch ihre Kombination mit den Materialien, die sie halten und schützen. Konventionelle Bauteile sind oftmals zu sperrig und zu unflexibel. So ist es nicht verwunderlich, dass die Industrie immer mehr auf platzsparende Lösungen setzt. Der Gedanke, die Elektronikelemente direkt in ein Trägermaterial zu integrieren oder darauf zu drucken, liegt da auf der Hand. Sogenannte In-Mould- und Printed-Electronics-Technologien sind wirtschaftlich, ermöglichen neue Designs und sparen Platz, Gewicht und Material.
Dies sind beste Voraussetzungen für ihren Einsatz in Fahrzeugen oder Haushaltsgeräten, wäre da nicht ein ernstzunehmender Nachteil: Es wird sehr schwer, die Elektronik am Lebensende wieder aus den Geräten zu entfernen! Schon bei herkömmlichen Metall-Kunststoff-Bauteilen sind Materialtrennung und anschließendes Recycling schwierig, bei polymerintegrierter Elektronik ist sie nahezu unmöglich.
Hier setzt ReIn-E an: Ziel des Projekts ist es, recyclinggerechte Designs und nachhaltige Materialien zu entwickeln und so das Wiederverwerten der Komponenten zu ermöglichen. Im INM forscht das Team um Prof. Tobias Kraus an einer Schicht, die zwischen Polymer und Metall aufgebracht wird. Diese Trennschicht muss so beschaffen sein, dass sie während der Verwendung des Bauteils eine optimale Haftung der beiden Komponenten gewährleistet und bei Bedarf ermöglicht, Kunststoff und Metall wieder voneinander zu trennen.
Tobias Kraus erläutert den Forschungsansatz: „Auf die Oberfläche eines Polymersubstrats, in das stromleitende Materialien integriert werden sollen, wird eine Lösung aus Wasser und Polyvinylalkohol (PVA) aufgebracht. PVA ist ein wasserlöslicher Kunststoff und verhält sich ähnlich wie Kochsalz: Er löst sich in der Flüssigkeit auf und lässt sich durch Erhitzen und Verdampfen des Wassers wieder in seinen festen Ursprungszustand bringen. Durch erneutes Zuführen von Wasser wird der PVA-Film wieder flüssig. Auf diese Weise lassen sich die verschiedenen Materialien von In-Mould- und Printed Electronics erst über die PVA-Schicht verbinden und dann wieder voneinander trennen. Werden die Bauteile nicht mehr genutzt, können ihre Bestandteile also separat recycelt werden.“
Neben der Entwicklung der Trennschicht widmet sich das INM im Projekt der Synthese spezieller Pasten und Tinten zum Druck elektronischer Schaltungen und ergänzt damit die Projekt-Aufgaben der Partner aus Belgien und Deutschland: Das Centre Terre et Pierre ist spezialisiert auf Recyclingverfahren für feste Abfälle und Elektronikschrott und entwickelt Verfahren zur Rückgewinnung der Metalle und Polymere, die Hahn-Schickard-Gesellschaft für angewandte Forschung druckt Elektronik und testet Leistung und Stabilität der gedruckten und integrierten Materialien und Strukturen und schließlich wird das Technologieforschungszentrum Sirris die integrierten Bauteile auf der Grundlage der entwickelten Designs und Materialien herstellen.
Eine Besonderheit des ReIn-E-Projekts ist die Einbindung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU), die eine Schlüsselrolle bei der nachhaltigen Umgestaltung der Elektronikfertigung spielen könnten. Sie sollen in die Lage versetzt werden, den Übergang von der konventionellen Technik zur integrierten Elektronik mitzugestalten und davon zu profitieren.