Leibniz-Einrichtungen in Berlin, Jena, Freising, Hamburg und Leipzig evaluiert

Die Förderung von fünf Leibniz-Einrichtungen soll fortgeführt werden. Das hat der Senat der Leibniz-Gemeinschaft nach Abschluss der regelmäßigen wissenschaftlichen Evaluierung beschlossen. Eine erneute Überprüfung der Fördervoraussetzungen soll bei vier Einrichtungen nach dem Regelturnus von sieben Jahren, bei einem Institut jedoch schon nach vier Jahren erfolgen.

12.07.2022 · Leibniz-Gemeinschaft - Evaluierung

Folgende Leibniz-Einrichtungen wurden evaluiert:

  • Ferdinand-Braun-Institut gGmbH, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik, Berlin (FBH)
  • Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie e. V. – Hans-Knöll-Institut, Jena (HKI)
  • Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München, Freising (LSB)
  • German Institute for Global and Area Studies/Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien, Hamburg (GIGA)
  • Leibniz-Institut für Länderkunde, Leipzig (IfL)

Zu den Stellungnahmen des Senats der Leibniz-Gemeinschaft im Einzelnen:

  1. Ferdinand-Braun-Institut gGmbH, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik, Berlin (FBH)

Das Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH) forsche sehr erfolgreich auf den Gebieten der Hochfrequenzelektronik, Photonik und Quantenphysik, so der Senat der Leibniz-Gemeinschaft in seiner heute veröffentlichten Stellungnahme. Die Arbeiten des Instituts seien für vielfältige Anwendungen relevant, z. B. in der Kommunikationstechnik, der Sensorik oder auch der Medizin.

In den letzten Jahren habe sich das FBH sehr dynamisch entwickelt, das Institut sei stark gewachsen. Der Senat verweist insbesondere auf einen neuen Forschungsbereich zu integrierten Quantentechnologien und die Beteiligung des FBH an der Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland (FMD). Neben der traditionell engen Kooperation mit der Technischen Universität Berlin sei in den letzten Jahren auch die Zusammenarbeit mit der Humboldt Universität zu Berlin ausgebaut worden, u. a. über die Einrichtung gemeinsamer Joint Labs. Der Senat sieht die wissenschaftlichen Planungen und Ideen für die kommenden Jahre positiv.

Ihre weitere Ausgestaltung und Umsetzung werde von einer neuen Leitung zu verantworten sein, denn der langjährige und sehr erfolgreiche Institutsdirektor gehe in diesem Jahr in den Ruhestand. Im Anschluss an die Nachbesetzung stünden dann weitere Wechsel auf der Leitungsebene an. Es sei angesichts des niedrigen Anteils von Wissenschaftlerinnen am Institut wichtig, die Besetzungsverfahren zu nutzen, um mehr Frauen für eine Tätigkeit am FBH zu gewinnen.

Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft empfiehlt Bund und Ländern, die gemeinsame Förderung des FBH fortzusetzen.

2)     Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie e. V. – Hans-Knöll-Institut, Jena (HKI)

Das Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie (HKI) in Jena erforscht mikrobielle Naturstoffe und die Infektionsbiologie human-pathogener Pilze. Es nehme eine führende Rolle in der internationalen Forschungslandschaft ein, so der Senat der Leibniz-Gemeinschaft in seiner heutigen Stellungnahme. Die Arbeiten seien wissenschaftlich und medizinisch höchst relevant, denn mikrobielle Naturstoffe seien an der Entstehung zahlreicher Infektionskrankheiten beteiligt, gleichzeitig aber auch wichtige Quellen für Medikamente.

Das Institut habe eine Vielzahl von innovativen Ergebnissen vorgelegt, die bestens publiziert würden. Zuletzt habe sich das HKI verstärkt darauf konzentriert, seine Ergebnisse auch in die Anwendung zu überführen. Insbesondere entwickle es neue antibakterielle Wirkstoffe. Dies sei umso bedeutender, da sich die Industrie aus diesem Gebiet nahezu vollständig zurückgezogen habe. Ein viel beachtetes Ergebnis sei ein neues Antibiotikum zur Tuberkulosebehandlung, das das HKI gemeinsam mit Partnereinrichtungen präklinisch und klinisch weiterentwickelt habe. Am Institut sei mit dem „Nationalen Referenzzentrum für invasive Pilzinfektionen“ der wichtigste Anlaufpunkt für die Beratung zu Diagnose und Behandlung invasiver Pilzinfektionen in Deutschland angesiedelt. Mit Blick auf die steigenden Anforderungen an den Umgang mit Daten regt der Senat eine stärkere Bündelung der informatischen und bioinformatischen Kompetenzen am Institut an.

Die Zusammenarbeit des HKI mit der Universität und dem Universitätsklinikum Jena sei ebenso hervorragend wie seine internationale Vernetzung. In der Einschätzung des Senats trägt das Institut erheblich zu der hohen Sichtbarkeit des Standorts Jena in den Lebenswissenschaften bei.

Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft empfiehlt Bund und Ländern, die gemeinsame Förderung des HKI fortzusetzen.

3)     Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München, Freising (LSB)

Das Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München (LSB) – bis 2017 Deutsche Forschungsanstalt für Lebensmittelchemie (DFA) – erforscht und bewertet die chemische Zusammensetzung von Lebensmitteln. Das Ziel der Arbeiten sei es, molekulare Netzwerke und die Prozessierung von Lebensmitteln im Organismus zu verstehen, die die Biologie und Gesundheit des Menschen beeinflussen. Dabei verfolge das Institut den Ansatz der „Lebensmittel-Systembiologie“ und strebe an, experimentelle mit computergestützten Verfahren sowie maschinellem Lernen zu verbinden. Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft hebt in seiner heute veröffentlichten Stellungnahme hervor, dass dieser Ansatz im Bereich der Lebensmittelchemie neuartig sei.

Bei der letzten Evaluierung der DFA im Jahr 2015 hatte der Senat darauf hingewiesen, dass die historisch gewachsenen Strukturen des Instituts verändert werden müssten, um eine wissenschaftliche Entfaltung zu ermöglichen. Im Anschluss an weitere kritische Hinweise wurden von zuständigen Behörden finanzielle Unregelmäßigkeiten zulasten des Instituts festgestellt. Der Senat begrüßt, dass das Aufsichtsgremium unter Leitung des zuständigen bayerischen Ministeriums daraufhin in den Jahren 2017 bis 2019 entscheidende Weichen für eine erfolgreiche Neuausrichtung des Instituts gestellt habe. Die Mission und der Name des Instituts seien geändert sowie strukturelle Anpassungen in die Wege geleitet worden. Die seit November 2019 am LSB tätige Direktorin treibe die notwendige, umfassende Reform des Instituts mit großem Einsatz zielgerichtet voran, was bereits zu ersten Erfolgen geführt habe.

Die Neuordnung des LSB sei jedoch bei weitem noch nicht abgeschlossen, so der Senat. Derzeit würden zwei von drei Forschungssektionen kommissarisch geleitet. Sie müssten nun ohne Verzug international wettbewerbsfähig und im Einklang mit den Empfehlungen des Bewertungsberichts besetzt werden. Die Besetzungen seien entscheidende Voraussetzungen für die weitere Ausgestaltung und Entfaltung des Gesamtkonzepts. In einigen Jahren werde sich dann erkennen lassen, ob die vom Land eingeleiteten Reformen und strukturellen Verbesserungen dauerhaft tragfähig seien.

Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft empfiehlt daher Bund und Ländern, die gemeinsame Förderung des LSB fortzuführen, die nächste Überprüfung aber bereits in vier Jahren (2026) vorzusehen.

4)     German Institute for Global and Area Studies/Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien, Hamburg (GIGA)

Das German Institute for Global and Area Studies/Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien (GIGA) in Hamburg untersucht politische, wirtschaftliche und soziale Entwicklungen in Afrika, Asien, Lateinamerika sowie dem Nahen Osten. Das Institut sei eine der führenden Forschungseinrichtungen zu diesen Weltregionen, wie der Senat der Leibniz-Gemeinschaft in seiner heute veröffentlichten Stellungnahme feststellt. Es verbinde diese Expertise mit interdisziplinär angelegten Untersuchungen zu bedeutenden Forschungsfragen und verfolge dabei einen vergleichenden Ansatz. Die strategische Entwicklung sei nun vor dem Hintergrund des vom GIGA formulierten Global Approach weiterzuführen.

Die Ergebnisse würden regelmäßig in international wahrgenommenen Zeitschriften oder als Monographien in renommierten Universitätsverlagen publiziert. Das Institut gebe vier Zeitschriften heraus, die für die Forschung zu den untersuchten Regionen wichtig seien. Wie der Senat weiter ausführt, ist der Austausch mit hochrangigen politischen Akteuren sehr gut. Dieser solle auf internationaler Ebene, insbesondere mit Blick auf den globalen Süden, weiter ausgebaut werden. Für das Informationszentrum, das Zugang zu einem breiten Spektrum an sozialwissenschaftlicher Literatur biete, bestünden durch die Zusammenführung in einem neuen Gebäude und die Ausweitung digitaler Dienstleistungen hervorragende Entwicklungsmöglichkeiten.

Wie geplant habe das GIGA seine Zusammenarbeit mit Universitäten ausgebaut, so der Senat. Ein umfassender Wechsel auf Leitungsebene sei sehr gut gestaltet worden. Das GIGA habe sehr erfolgreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gewonnen und auch die Zahl der Frauen in Leitungspositionen erhöht.

Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft empfiehlt Bund und Ländern, die gemeinsame Förderung des GIGA fortzusetzen.

5)     Leibniz-Institut für Länderkunde, Leipzig (IfL)

Das Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL) forsche erfolgreich zu aktuellen sozialräumlichen Entwicklungen in Europa mit einem Schwerpunkt im östlichen Europa, so der Senat in seiner heute veröffentlichten Stellungnahme. Es untersuche Verfahren von Datengewinnung und Visualisierung und wirke an der Entwicklung neuer raumbezogener Methoden und Denksysteme mit. Zentrale Grundlage für die Arbeiten seien die „Geographische Zentralbibliothek“ und das „Archiv für Geographie“ des IfL. Neben sehr guten Forschungsarbeiten erbringe das Institut auch ausgezeichnete Transferleistungen. So sei z. B. die Online-Zeitschrift „Nationalatlas aktuell“ mit ihren kartenbasierten Informationen und Analysen nach wie vor ein weithin sichtbares Markenzeichen des Institutes.

Das IfL habe sich seit der letzten Evaluierung sehr gut entwickelt. Es sei sehr erfreulich, dass es unter maßgeblicher Mitwirkung des IfL gelungen sei, mit einem von der DFG geförderten Sonderforschungsbereich und einem Leibniz-WissenschaftsCampus strukturbildende Verbundprojekte in der Region zu etablieren. Das IfL stehe nun vor einer Phase des personellen Umbruchs, denn bis 2024 würden der Direktor und zwei der vier Abteilungsleitungen in den Ruhestand eintreten. Sehr positiv sei, dass das Land Sachsen und der Bund einen Neubau für das Institut ermöglicht hätten. Nach dem für Mitte 2025 vorgesehenen Umzug verfüge das IfL dann auch über einen Ausstellungsbereich, in dem es insbesondere seine bedeutenden Bibliotheks- und Archiv-Bestände öffentlich präsentieren könne.

Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft empfiehlt Bund und Ländern, die gemeinsame Förderung des IfL fortzusetzen.

Die einzelnen Senatsstellungnahmen finden Sie im Wortlaut auch auf den Internetseiten der Leibniz-Gemeinschaft unter www.leibniz-gemeinschaft.de/ueber-uns/evaluierung/

Hintergrund

Jede Leibniz-Einrichtung wird regelmäßig extern evaluiert, spätestens alle sieben Jahre. International ausgewiesene Sachverständige bewerten die Leistungen und Strukturen jeder Einrichtung.

Grundlage für die Bewertung ist eine schriftliche Unterlage der Einrichtung, außerdem im Regelfall ein Evaluierungsbesuch am Institut. Da in den zurückliegenden Monaten pandemiebedingt Evaluierungsbesuche entfallen mussten, erfolgte die Bewertung der Einrichtungen über ein Ersatzverfahren mit digitalen Sitzungen und schriftlichen Einschätzungen.

Die Ergebnisse der Begutachtung werden in einem Bewertungsbericht festgehalten, zu dem die bewertete Institution Stellung nehmen kann. Auf dieser Grundlage verabschiedet der Senat der Leibniz-Gemeinschaft eine wissenschaftspolitische Stellungnahme, die in der Regel Empfehlungen zur weiteren Förderung der Leibniz-Einrichtung enthält.

Diese Senatsstellungnahme dient der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern (GWK) zur Überprüfung der Fördervoraussetzungen. Zusammen mit den Anlagen A (Darstellung der wesentlichen Inhalte und Strukturen der Einrichtung), B (Bewertungsbericht) und C (Stellungnahme der Einrichtung zum Bewertungsbericht) werden die Senatsstellungnahmen auf der Internet-Seite der Leibniz-Gemeinschaft veröffentlicht. Alle an der Bewertung und Beurteilung beteiligten Gremien sind ausschließlich mit Personen besetzt, die nicht an Leibniz-Einrichtungen tätig sind.

Kontakt
Christoph Herbort-von Loeper
Stellv. Referatsleitung Kommunikation
Leibniz-Gemeinschaft
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