Leibniz-Senat nimmt zu sieben Einrichtungen in Köln, Hannover, Berlin, Kiel, Göttingen, Bonn und Mannheim

Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft hat auf seiner Sitzung am 24. November 2005 in Bonn die weitere Förderung von sechs Einrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft empfohlen. Allen sechs Einrichtungen - der Deutschen Zentralbibliothek für Medizin in Köln (ZB MED), dem Institut für Geowissenschaftliche Gemeinschaftsaufgaben in Hannover (GGA-Institut), dem Institut für Kristallzüchtung in Berlin (IKZ), dem Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW) sowie dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin (DIW) -  bescheinigt er überregionale Bedeutung.

25.11.2005 · Pressemeldung · Leibniz-Gemeinschaft - Evaluierung

Bei einer Einrichtung, der Gesellschaft Sozialwissenschaftlicher Infrastruktureinrich­tungen in Bonn, Köln und Mannheim (GESIS), wird der Senat der Leibniz-Gemeinschaft in drei Jahren erneut über eine Empfehlung zur Weiterförderung entscheiden.

Die IWF – Wissen und Medien in Göttingen (IWF) soll hingegen nicht weiter mit öffentli­chen Mitteln durch Bund und Länder gefördert werden und aus der Leibniz-Gemeinschaft ausscheiden.

Die Deutsche Zentralbibliothek für Medizin (ZB MED), eine Serviceeinrichtung für die For­schung, ist mit einem Bestand von über 1,3 Mio. Bücher- und Zeitschriftenbänden die größte medizinische Fachbibliothek Europas. Der Leibniz-Senat bescheinigt der ZB MED eine ausge­sprochene Markt- und Kundenorientierung sowie eine sehr hohe Bibliothekskompetenz. Über den Service der Literaturversorgung hinaus verfolgt die ZB MED das Ziel, Fachinformation und Fachwissen auf dem Gesamtgebiet „Medicine & Life Science“ zu vermitteln und sich in diesem Bereich zu einem zentralen, weltweiten Wissensportal zu entwickeln. Konsistente Elemente dieser klar definierten Ausrichtung sind eine Reihe bereits eingeleiteter innovativer Projekte, wie

z. B. der Aufbau digitaler Fachbibliotheken oder das German Medical Science-Projekt, das die Publikation wissenschaftlicher Arbeiten im Online-System erlaubt. Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft erachtet es als notwendig, dass die ZB MED sowie andere technisch-natur­wissenschaftlichen Fachinformationszentren in Deutschland einschließlich des Deutschen Insti­tuts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) ihre Ressourcen bündeln und ihre Leistungen aufeinander abstimmen. So könne erreicht werden, dass die Fachbibliotheken und Fachinformationseinrichtungen sich langfristig auf dem internationalen Fachinformationsmarkt behaupteten. 

Das Institut für Geowissenschaftliche Gemeinschaftsaufgaben in Hannover (GGA-Institut) erbringt laut Urteil des Leibniz-Senats gute, in Teilen sehr gute Leistungen im Bereich der überregionalen angewandten geowissenschaftlichen Forschung unter besonderer Berück­sichtigung der Geophysik. Das GGA-Institut habe seit der letzten Evaluierung sehr gute Fort­schritte erzielt. Die Transformation von einer ehemaligen Abteilung des Niedersächsischen Landesamtes für Bodenforschung in eine selbstständige Forschungseinrichtung sei weit ge­hend bewältigt worden. Die methodische Expertise des Instituts und seine einmalige instrumen­telle Ausstattung auf dem Gebiet oberflächennaher geophysikalischer Feldmessungen in Ver­bindung mit geophysikalischen Bohrlochmessungen geben dem Institut nach Ansicht des Se­nats sein unverwechselbares Forschungsprofil. Besonders hervorzuheben sind auch die inter­national bekannten und sehr erfolgreichen Arbeiten zur Geothermik. Damit das GGA-Institut den Transformationsprozess erfolgreich abschließen kann, empfiehlt der Senat der Leibniz-Gemeinschaft, dass das Institut noch stärker als bisher mit Universitäten, anderen Forschungs­einrichtungen und Industrieunternehmen kooperieren sowie seine internationale Sichtbarkeit durch weitere internationale Fachpublikationen stärken solle.

Das Institut für Kristallzüchtung in Berlin (IKZ) ist laut Einschätzung des Leibniz-Senats ein national und europaweit anerkanntes Kompetenzzentrum für alle naturwissenschaftlichen und technischen Fragen, die die Züchtung und das Wachstum von Volumenkristallen betref­fen. Vergleichbare Einrichtungen gibt es nur in China, Russland und Indien. Nach Ansicht des Senats übt das IKZ eine wichtige Funktion zwischen universitärer Grundlagenforschung und industrieller Forschung auf dem Gebiet der Kristallzüchtung aus. Die Kristallzüchtung werde mit technologischem Anspruch und in industrienahen Dimensionen betrieben, wie es derzeit national von keinem Universitätsinstitut geleistet werden könne. Die Qualität der For­schung des IKZ sei sehr gut. In einigen Bereichen habe das IKZ eine weltweite Spitzenstel­lung erworben, so etwa in der Kristallzüchtung von Halbleitern und anorganischen Dielektri­ka. Besonders erfreulich ist nach Ansicht des Leibniz-Senats die Tatsache, dass potenzielle Nutzer des IKZ, die z. B. aus der Industrie stammen, mit den Serviceleistungen des Instituts überaus zufrieden sind. Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft empfiehlt dem IKZ, neue und innovative Themen ausfindig zu machen, die entweder zu herausragenden wissenschaftli­chen Publikationen oder zu neuen Technologien, Produkten, Marktvorteilen oder gar neuen Arbeitsplätzen in der Industrie führen können. 

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin (DIW) ist eine national anerkannte Forschungseinrichtung, die hohes Ansehen vor allem bei Vertretern aus Politik, Wirtschaft und der Fachöffentlichkeit genießt. Es erbringt laut Leibniz-Senat überwiegend gute Leistungen in der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung und Politikberatung sowie sehr gute Leistungen in der Bereitstellung zielgruppenspezifischer Daten (Sozio-oekonomisches Panel). Im Jahr 2000 wurde der jetzige Präsident, Professor Klaus Zimmermann, an das Institut berufen. Der Leibniz-Senat stellt fest, dass er einen Umstrukturierungsprozess erfolgreich eingeleitet und neue viel­versprechende Management- und Arbeitsstrukturen etabliert habe. Damit sich das DIW auch weiterhin positiv entwickeln kann, empfiehlt der Senat der Leibniz-Gemeinschaft, dass das Insti­tut ein kohärentes Forschungsprogramm erarbeite. Um die internationale Sichtbarkeit zu erhö­hen, rät er, die wissenschaftlichen Publikationen in international referierten Fachzeitschriften weiter zu steigern und vermehrt wissenschaftlich begutachtete Forschungsdrittmittel einzuwer­ben. In Kooperation mit den Berliner Universitäten solle die Nachwuchsförderung unter ande­rem durch die Einführung eines strukturierten Doktorandenprogramms verbessert werden. Um die Umsetzung dieser Empfehlungen zu prüfen, soll das Institut dem Leibniz-Senat in vier Jah­ren einen Bericht seines Wissenschaftlichen Beirats vorlegen.

Das Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW) erbringt laut Leibniz-Senat in der wirtschaftswis­senschaftlichen Forschung und Politikberatung sowie in der Bereitstellung von wirtschaftswis­senschaftlichen Informationen in Teilen gute bis sehr gute Leistungen und besitzt eine hohe Reputation in der weltwirtschaftlichen Analyse. In der Politikberatung verfüge das IfW über an­erkannte Kompetenz, ebenso wie in der Graduiertenausbildung. Allerdings bemängelt der Leib­niz-Senat, dass dem IfW ein kohärentes Forschungsprogramm fehle. Er empfiehlt dem Institut aus diesem Grund, ein solches Programm zu entwickeln. Weiterhin solle das IfW seine Publika­tionstätigkeit in international referierten Fachzeitschriften verbessern sowie verstärkt wissen­schaftlich begutachtete Forschungsdrittmittel beantragen. Im Oktober 2004 trat im IfW der neue Präsident, Professor Dennis Snower, sein Amt an. Mit großem Engagement habe er den „Kiel Dialogue“ etabliert – ein umfassendes Instrument zur inhaltlichen und strukturellen Reorganisa­tion der Einrichtung. Da sich das Institut derzeit in einem Reorganisationsprozess befindet, soll es dem Senat der Leibniz-Gemeinschaft in vier Jahren einen Bericht seines Wissenschaftlichen Beirats über die Umsetzung der Empfehlungen vorlegen.

Der Verbund Gesellschaft Sozialwissenschaftlicher Infrastruktureinrichtungen (GESIS) verfügt laut Leibniz-Senat als außeruniversitäre Serviceeinrichtung für die sozialwissenschaftli­che Forschung über eine in Deutschland singuläre Stellung. Diese Alleinstellung gründe sich auf die zentrale Aufgabe des Verbundes: die Integration von Forschung, Service und Beratung bezogen auf Methodenentwicklung und -anwendung, Datenaufbereitung und Informationsbe­reitstellung in den Sozialwissenschaften. Die wissenschaftlichen Dienstleistungen und Produkte bildeten eine wesentliche Grundlage für die Bearbeitung empirisch orientierter Forschungsthe­men in den Sozialwissenschaften. Der Leibniz-Senat würdigt das beachtliche und professionelle Angebot der GESIS an Informations- und Beratungsleistungen für die Sozialwissenschaften. Der Verbund besteht gegenwärtig aus drei selbstständigen Instituten: dem Informationszentrum Sozialwissenschaften in Bonn (IZ), dem Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen in Mannheim (ZUMA) sowie dem Zentralarchiv für Daten in Köln (ZA). Der Wissenschaftsrat hatte bereits 1997 eine stärkere Zusammenarbeit der Institute im Verbund empfohlen, damit Syner­gieeffekte verstärkt genutzt werden können. Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft stellt jetzt fest, dass die inhaltlichen und methodischen Verbindungen zwischen den drei Instituten immer noch nicht ausreichend entwickelt seien. Daher empfiehlt er, die drei Institute in ein gemeinsames Institut zu überführen. Dieses gemeinsame Institut solle ein Konzept für die Erbringung integ­rierter Serviceprodukte erarbeiten sowie eine gemeinsame corporate identity entwickeln. Der Leibniz-Senat verpflichtet die GESIS, in drei Jahren einen Bericht über den inhaltlichen und strukturellen Reorganisationsprozess vorzulegen. Er wird dann erneut überprüfen, inwieweit die GESIS die Voraussetzungen für eine weitere Förderung erfüllt.

Die IWF Wissen und Medien GmbH (IWF), ebenfalls eine Serviceeinrichtung der Leibniz-Gemeinschaft, hat in den letzten Jahren auf Empfehlung des Wissenschaftsrats einen Wan­del von einem Produktionshaus audiovisueller Wissensmedien zum transferorientierten Me­diendienstleister vollzogen. Die Empfehlung des Wissenschaftsrats sah eine vollständige Umstrukturierung des Instituts vor. Diese Umstrukturierung, konzediert der Leibniz-Senat, habe erhebliche Kräfte im Institut gebunden, was dazu geführt habe, dass in dieser Phase nur wenig Arbeitsergebnisse erzielt werden konnten. Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft stellt fest, dass die IWF einen starken Rückgang ihrer Nutzerzahlen, Lizenzen und Lizenz­einnahmen zu verzeichnen habe. Weiterhin stellt der Senat folgende Mängel fest: Eine durchgeführte Markt- und Nachfrageanalyse sei unzureichend. Ebenso sei die Empfehlung, einen Nutzerbeirat einzusetzen, nicht umgesetzt worden. Der Leibniz-Senat ist der Ansicht, dass das Gesamtkonzept der IWF zu risikobehaftet sei, da man zum derzeitigen Zeitpunkt nicht einschätzen könne, ob die Umsetzung erfolgreich sein werde. Bei dieser unsicheren Perspektive rät er von der Fortführung der gemeinsamen Förderung durch Bund und Länder ab. Er empfiehlt Bund und Ländern, sich um die Integration erhaltenswerter Materialien der IWF in eine große überregionale Bibliothek bzw. ein Fachinformationszentrum zu bemühen. Die­se Materialien sollten weiterhin für die Nutzung zur Verfügung gehalten werden. 

Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft evaluiert in einem Zeitraum von maximal sieben Jahren die Einrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft. Der Senat ist extern besetzt, das Evaluierungsver­fahren strikt unabhängig. Zur Wahrnehmung dieser Aufgabe hat der Leibniz-Senat den Se­natsausschuss Evaluierung eingesetzt. Auf der Grundlage der Senatsstellungnahmen stellen Bund und Länder in der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförde­rung (BLK) fest, ob die Voraussetzungen für die weitere Förderung der Leibniz-Einrichtungen gegeben sind. Um die Evaluierungen der Institute durchzuführen, setzt der Senat Bewertungs­gruppen ein, die aus international renommierten und unabhängigen Wissenschaftlern zusam­mengesetzt sind. Die Bewertungsgruppen besuchen die Institute und bilden sich anschließend auf der Grundlage von Textmaterialien, Institutsdaten sowie Interviews und Diskussionen mit den Institutswissenschaftlern eine Meinung über die wissenschaftliche Qualität und Bedeutung der Einrichtung. Die Evaluierungsergebnisse werden in Bewertungsberichten dokumentiert, die die Grundlagen für die Stellungnahmen des Senats zur Weiterförderung der Einrichtungen bil­den. Zur Leibniz-Gemeinschaft gehören 84 außeruniversitäre Forschungsinstitute und Ser­viceeinrichtungen für die Forschung. Leibniz-Institute arbeiten nachfrageorientiert, interdiszipli­när und im gesamtstaatlichen Interesse. Die Institute beschäftigen rund 12.400 Mitarbeiter, ihr Gesamtetat beträgt ca. 1. Mrd. Euro. Sie werden gemeinsam von Bund und Ländern finanziert.

Die Stellungnahmen des Senats finden Sie im Wortlaut hier.