Leibniz-Senat verabschiedet positive Förderempfehlungen zu Leibniz-Einrichtungen in München, Berlin, Marburg, Müncheberg und Saarbrücken
Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft hat auf seiner Sitzung am 14. Juni 2006 in Berlin die weitere Förderung des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung an der Universität München (ifo), des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin, des Herder-Instituts (HI) in Marburg, des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) in Müncheberg sowie des Leibniz-Instituts für Neue Materialien (INM) in Saarbrücken empfohlen. Allen fünf Leibniz-Einrichtungen bescheinigt er überregionale Bedeutung und stellt fest, dass Bund und Länder ein gesamtstaatliches wissenschaftspolitisches Interesse an der Arbeit der Einrichtungen haben. Der Senat empfiehlt Bund und Ländern, vier dieser Einrichtungen für die nächsten sieben Jahre weiter gemeinsam zu fördern. Das INM soll zunächst nur vier Jahre gefördert und dann erneut auf seine wissenschaftliche Leistungsfähigkeit überprüft werden.
15.06.2006 · Pressemeldung · Leibniz-Gemeinschaft - Evaluierung
Das ifo Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München (ifo) hat sich nach Meinung des Senats in den letzten Jahren sehr erfolgreich entwickelt. Der im Jahr 1999 an das ifo berufene Präsident habe das Institut grundlegend reorganisiert und als Zentrum moderner anwendungsorientierter wirtschaftswissenschaftlicher Forschung und wissenschaftlicher Politikberatung profiliert. Kritik übte der Senat an einigen Servicebereichen des ifo, da diese vor allem hinsichtlich ihres methodologischen Ansatzes nicht dem Stand der Forschung entsprächen. Dem stehe mit der vergleichenden Datenbank wirtschaftsrelevanter Regulierungen und Institutionen (DICE) ein Servicebereich gegenüber, in dem das ifo wertvolle Pionierleistungen erbringe. Gelobt wird die sehr enge Kooperation mit der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), die u.a. zur Gründung der CESifo GmbH und zu einem gemeinsamen Doktorandenprogramm geführt hat. Hinsichtlich der gegenwärtigen Förderung des ifo als Serviceeinrichtung stellt der Senat fest, dass das Potential für eine Förderung als Forschungseinrichtung vorhanden sei. Er vermisst jedoch ein kohärentes Arbeitsprogramm, das eine Grundlage für eine Neujustierung des Anteils von Forschungs- und Serviceleistungen bietet. Das ifo wird gebeten, ein solches Programm vorzulegen, auf dessen Grundlage der Senat 2009 eine Empfehlung an Bund und Länder zur Weiterförderung als Forschungseinrichtung abgeben wird.
Das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin (IGB) ist nach dem Urteil des Senats ein wichtiges Institut auf dem Gebiet der Erforschung von Binnengewässern als Ökosystemen. Das IGB habe zu grundlegenden Erkenntnissen auf den Gebieten der Gewässerforschung und vor allem der Fischerei beigetragen. Es leiste wichtige Beiträge zur Erforschung von Gewässer-Umland-Beziehungen, zur Restaurierung von Seen, zur Regeneration von Biozönosen sowie zur Fischereibiologie und Fischereiwissenschaft. Dabei sei die Einbeziehung der fischereibiologischen Bereiche in die Limnologie am IGB europaweit einzigartig. Als wesentliches Alleinstellungsmerkmal des IGB hebt der Senat den holistischen Ansatz bei der Gewässerforschung hervor. Darüber hinaus erbringe das IGB gute Leistungen bei der Ausbildung hochqualifizierten Nachwuchses. Verbesserungsbedarf sieht der Senat noch bei der Einwerbung von wettbewerblich vergebenen Drittmitteln und bei der Zahl der Publikationen in hochrangigen Zeitschriften. Auch sei eine Profilschärfung nötig, da das IGB zu viele und zu heterogene Einzelprojekte verfolge.
Das Herder-Institut in Marburg (HI) hat sich nach Auffassung des Senats in den letzten Jahren zu einer zentralen und unentbehrlichen Schaltstelle der nationalen und internationalen historischen Ostmitteleuropa-Forschung entwickelt; es erfülle seinen Serviceauftrag mit sehr guten Leistungen. Das Institut verfüge über eine einzigartige Sammlung an Literatur, Karten und Bildern über die Staaten, auf deren Territorien es vor dem Zweiten Weltkrieg deutsche Siedlungsgebiete gab. Über seine ursprüngliche Aufgabe der Sammlung einschlägiger Materialien sei das Herder-Institut jedoch mehr und mehr hinausgegangen, so dass eine Bibliothek zur Geschichte vor allem Polens, Tschechiens und der baltischen Staaten entstanden sei, die international ihresgleichen suche. In den letzten Jahren sieht der Senat die Entwicklung hin zu einem deutlich veränderten zeitgemäßen Profil, insbesondere durch die offensive Nutzung moderner Medien. Das Herder-Institut soll nun seine Forschungsarbeiten als Basis seiner Serviceleistungen ausbauen, um sein Potential voll ausschöpfen zu können. Verbesserungsbedarf wird in der Nachwuchsförderung gesehen.
Das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung in Müncheberg (ZALF) betreibt in sieben Instituten inter- und transdisziplinäre integrative Landschaftsforschung. Das Zentrum erbringt grundlagenorientierte wissenschaftliche Arbeiten zur Erforschung von Ökosystemen in Agrarlandschaften und zur Entwicklung ökologisch und ökonomisch vertretbarer Landnutzungssysteme und erfüllt damit nach Auffassung des Senats einen in dieser Form in Deutschland einzigartigen Forschungsauftrag. Die Fokussierung des Zentrums auf die Ökosystemforschung und die Landschaftsanalyse sei in den letzten Jahren sehr erfolgreich gewesen. Hervorgehoben wird, dass das ZALF sich in der letzten Zeit verstärkt an nationalen und internationalen Netzwerken sowie Verbundvorhaben beteiligt hat. In der Zusammenarbeit des ZALF mit osteuropäischen Partnern sieht der Senat ein großes Potenzial für das Institut und erwartet eine weitere Steigerung der Produktivität und wissenschaftlichen Reputation in der Zukunft. Verbesserungsbedarf bestehe hinsichtlich der Publikationsleistungen des ZALF, die sehr heterogen seien. Für das Deutsche Entomologische Institut (DEI), das im Jahre 2000 aufgrund wissenschaftspolitischer Überlegungen in das ZALF integriert wurde, empfiehlt der Senat eine Integration in eine andere Einrichtung mit stärkeren fachlichen Bezügen.
Das Leibniz-Institut für Neue Materialien in Saarbrücken (INM) ist nach Auffassung des Senats ein modernes und sehr gut ausgestattetes Institut auf dem Gebiet der Nanotechnologie. Seit seiner Gründung habe sich das INM sehr erfolgreich entwickelt und einen hohen nationalen und internationalen Bekanntheitsgrad erreicht. Ausdrücklich gelobt wird das Modell der vertikalen Interdisziplinarität und der Ausgründungen. In den letzten Jahren seien am INM wesentliche Beiträge für den Technologietransfer geleistet worden. Bei der Einwerbung industrieller Drittmittel nehme das INM unter den werkstoff- und technologieorientierten Instituten der Leibniz-Gemeinschaft einen Spitzenplatz ein. In den vergangenen Jahren fand allerdings nach dem Urteil des Senats eine zu starke Ausrichtung des Instituts auf die Akquisition von Industrieprojekten statt. Das INM habe sich zu stark als Transferstelle für die Industrie und zu wenig als Forschungseinrichtung verstanden und die Grundlagenforschung stark vernachlässigt. Der Senat weist nachdrücklich darauf hin, dass die Zukunftsfähigkeit des Instituts wesentlich auch von der Bearbeitung grundlagenwissenschaftlicher Fragestellungen abhängt, da in dem sich rasch entwickelnden Gebiet der Nanotechnologie nur durch Innovationen dauerhaft und erfolgreich die Zusammenarbeit mit der Industrie gesichert werden könne. Der wissenschaftliche Output und die Sichtbarkeit des Instituts, u.a. gemessen an der Zahl der Publikationen in renommierten Zeitschriften und der Einwerbung von wettbewerblich vergebenen Drittmitteln, müssten deutlich gesteigert werden. Auch die Empfehlungen des Wissenschaftsrates habe das INM nur zum Teil umgesetzt. Der Senat würdigt aber auch, dass das Institut schnell und konsequent auf die Kritik der Bewertungsgruppe reagiert habe. Wichtigste Aufgabe des Instituts sei nun die schnelle Besetzung der vakanten Leitungsstelle. Der Senat wird im Jahre 2010 durch eine erneute Evaluierung des INM überprüfen, ob die Empfehlungen umgesetzt wurden und ob die Basis für Grundlagenforschung und Technologie in hinreichendem Maße vorhanden ist. Auf dieser Grundlage wird er eine neue Förderempfehlung an Bund und Länder abgeben.
Die Stellungnahmen des Senats im Wortlaut finden Sie hier.